Ausrufung der Tumuluslinde in Evessen (Niedersachsen) mit emotionaler Feier erfolgt

Bei meiner Anreise hat mich so der Panorama-Anblick vom gesamten Harz quer in voller Länge beeindruckt, den man von etwas höher gelegenen Stellen auf der Fahrt nahe Evessen hat: Man kann phantastisch den gesamten Ober- und Hochharz sehen (wenn er nicht gerade in Wolken verhüllt ist) – dafür musste ich extra ein paar Mal anhalten und das ist ein Highlight in der Region.

Das Wetter sorgte mit allerschönster bunter Herbststimmung und angenehmsten Wohlfühltemperaturen für sehr gute Stimmung in Evessen, als am 15. Oktober die berühmte Linde auf dem Tumulus als 20. Baum zum Nationalerbe ausgerufen wurde. Es kamen fast 100 Teilnehmer:innen zusammen, um bei einfühlsamer musikalischer Begleitung die Feier zu genießen. Mit Begrüßung durch die Gemeindebürgermeisterin und in den Grußworten von Vize-Landrätin und Sickter Bürgermeister wurden weitere interessante Details zur Geschichte des deutschlandweit ungewöhnlichsten Duos aus vitalem Baumveteran und intakten bronzezeitlichen Grabhügels vorgestellt – so z.B. wie vor 125 Jahren einer der Versuche durch Archäologen, den Grabhügel zu öffnen, durch ein Kind verhindert wurde.

In der Laudatio zum Baum wurden die Besonderheiten dieser wohl 800-jährigen Linde erläutert und beim Anblick des Baumes seine einmalige Lebensgeschichte und sehr gute Vitalität erläutert. Etliche Gäste äußerten, das hätte ruhig gerne auch noch länger dauern können, weil so viel Interessantes anschaulich erzählt wurde.

Ein Einwohner des in der Nachbarschaft stehenden Wohnhauses konnte die Frage klären, wo der Baum in den trockenen Sommern der letzten Jahre sein Wasser herholt, um sattgrün und ohne nennenswerten Blattfall entspannt solche Trockenstresszeiten zu überstehen: auf seinem nahen Grundstück wurden schon vor über 50 Jahren bei Grabungsarbeiten Wurzeln der Linde gefunden, bis über 30 m vom Baum entfernt! Er ist mit seinen Wurzeln also nicht im Tumulus 10 m nach unten gewachsen, sondern seitlich den Tumulus hinunter und hat die Umgebung „erkundet“, um nützliche Bereiche umliegender Gärten „anzuzapfen“ – einfach genial, wie ein so alter Baum sich absichert. Das hat mich als Baumbiologen schwer beeindruckt und nachhaltig begeistert.

In Zukunft soll in Evessen Ende Juni alljährlich ein Lindenblütenfest am Baum stattfinden, um die Tumuluslinde als den ältesten Dorfbewohner zu ehren und das Wunder im Bewusstsein der Gemeinde zu erhalten.