Alte Eibe in Lebach (Landkreis Saarlouis), Saarland

Eibe Hofgut Lebach: zerzauster Anblick des Baumes, typisch für sehr alte Eiben – da sie überall immerzu austreiben
BaumartEuropäische Eibe (Taxus baccata)
Standort:auf dem Hofgut La Motte, Stadt Lebach, Landkreis Saarlouis; etwa 500 m südwestlich außerhalb der Ortschaft an der Straße L 336 nach Primsweiler; Zugang vom Parkplatz an der L 336: dafür wurde extra ein Fußweg  über Wiesen zur Eibe angelegt (ausgeschildert, etwa 300 m weit, anfangs kurze Strecke parallel neben der Straße), da auf dem Gut landwirtschaftliche Arbeiten erfolgen und man dort den Betrieb sonst stören würde
Alter:ca. 500 Jahre (400-600 Jahre, hergeleitet aus Standort und Historie)
Stammumfang:4,20 m in 1 m Stammhöhe (Taille, gemessen Juli 2023)
Höhe:ca. 15 m
GPS-Daten: N 49.408455, O 6.881674
NEB seit:20. Mai 2024  (Bericht & Fotos)

Für das Aufsuchen der Eibe bitte unbedingt den Parkplatz an der L 336 nutzen (500 m südwestlich außerorts, Straße nach Primsweiler): der Zuweg über die Wiese auf dem eigens dafür geschaffenen Weg vom Parkplatz an der Straße ist schon ein Genuss – nach etwa 300 m erscheint die dunkelgrüne Krone, man denkt aber erstmal nicht, dass dies schon die berühmte Eibe ist. Kurz vor der Ankunft am Baum stehen eine Sitzgruppe zum Niederlassen und zwei große Hinweistafeln zur Eibe, was sehr schön gestaltet ist und das Erleben einfühlsam verstärkt. Danach erreicht man über eine kleine Bachbrücke die eingezäunte Eibe, sieht ihre gewaltige Krone und hat Zutritt durch 2 Törchen im Bretterzaun –  dann ist man „im heiligen Raum unter dem Baum“ angekommen. Die spirituelle Wirkung des Baumes merkt man dort sofort.

Dies hat hier auch schon zur Etablierung einer „Eibenszene“ geführt, mehr sag ich nicht dazu – die Ausstrahlung des Baumes ist beeindruckend, testen Sie bitte selbst. Zunächst sollte man sich 10-15 Minuten Zeit für den einmaligen Stammeindruck nehmen (dazu am besten auf den Boden setzen): ihn wirken und die Gedanken frei laufen lassen – gönnen Sie sich etwas Muße vom Alltag, dann erleben Sie hier eine Auszeit. Und Sie werden wiederkommen, da bin ich sicher… Für diese Wirkungen sind alte Eiben seit dem Altertum bekannt, in England und Irland hat sich dazu ein regelrechter Eibenkult entwickelt und bis heute erhalten. Und da er keinen Schaden anrichtet und niemandem wehtut, ist nichts dagegen einzuwenden – das können wir ruhig zulassen.

Diese Eibe ist einer der ältesten und bedeutendsten Bäume des Saarlandes. Es soll auch gewürdigt werden, dass sich die Eigentümerfamilie persönlich seit ganz langer Zeit sehr fürsorglich um den Baum kümmert und seine Holznutzung in früherer Zeit verhindert werden konnte.

Der Stamm und die Rinde von alten Eiben sind so beeindruckend durch ihre rötliche Farbe und die vielen verschiedenfarbigen Borkeschuppen. Zudem ist der Stamm über und über mit kleinen Austrieben (Zweiglein) „übersät“, die als Vorsichtsmaßnahme vom Baum bereitgehalten werden, sollte mal ein unerwarteter Schaden eintreten – typisch für Eiben: immer auf der sicheren Seite. Die Nadeln sind immergrün und bleiben 8-10 Jahre am Zweig, können also auch in warmen Winterperioden Zucker durch Photosynthese produzieren. Das wird ja jetzt immer häufiger möglich und macht die Eibe konkurrenzstärker gegenüber nur sommergrünen Laubbäumen.

Die Blütengeschlechter sind bei Eiben auf verschiedene Bäume verteilt, es gibt daher nur Eibenfrauen oder -männer. Dies hier ist ein weiblicher Baum. Bei den meisten anderen Baumarten sind beide Geschlechter auf einem Baum. So vermeidet die Eibe Inzucht, aber dafür muss der Pollen vom Wind von einem männlichen bis zu einem weiblichen Baum getragen werden. Dann gibt es an den weiblichen Bäumen fruchtähnliche Samen mit fleischigem leuchtend rotem Mantel. Alles an der Eibe bis auf den roten Samenmantel ist giftig, auch für etliche Tierarten (z.B. sind deshalb im Mittelalter viele Pferde daran gestorben, die ja als Transportmittel lebensnotwendig waren). Deshalb wurden Eiben an Fuhrwegen und Pferdekoppeln regelmäßig beseitigt. Aber das gilt längst nicht für alle Tierarten, denn z.B. Mäuse und Rehe fressen Eibennadeln besonders gerne und können Keimlinge und junge Bäume daher sogar schädigen oder beseitigen.

Die Giftigkeit der Eibe hat aber nicht zur Folge, dass man bei einem längeren Aufenthalt unter Eiben benommen wird, wie es gelegentlich zu hören oder zu lesen ist. Sie dünstet definitiv nichts aus, was diese Wirkung haben könnte, das habe ich wiederholt selbst getestet und gilt auch für diese uralte Eibe hier oder falls Sie welche in Ihrem Garten haben.

Fotos aus den 1950er und 1970er Jahren zeigen, dass die Eibe noch fast frei auf der Wiese stand, mit einer damals erstaunlich kleinen Krone – heute ist diese 23 m breit! Der Baum hat Grundwasseranschluss und daher mit seiner Riesenkrone seit längerer Zeit einen sehr guten Zuwachs. Wenn es verbreitet heißt „Eiben brauchen Schatten“, sieht man hier, dass sie sehr wohl auch mit voller Sonne zurechtkommen. Sie dürfen nur nicht plötzlich aus dem Schatten freigestellt werden, dann können die 8-10 Nadeljahrgänge verbrennen. Es kann im Extremfall sogar zum Absterben des Baumes kommen, da die verlorenen Nadeln erst nach 8 Jahren wieder vollständig ersetzt sind.

Aber Eiben wachsen tatsächlich in der Sonne nicht besser, d.h. schneller als im Schatten – was so bei fast keiner anderen Baumart auftritt. Das liegt daran, dass sie so gut an Schatten angepasst sind und damit dauerhaft zurechtkommen (nur Buche und Tanne sind ähnlich schattentolerant). Zudem ist es unter Eibenkronen auch sehr dunkel, so dass andere Baumarten dort kaum wachsen können.

Unter allen mitteleuropäischen Baumarten hat die Eibe die höchste Lebenserwartung und kann 1500 Jahre alt werden, in England gibt es sogar 2000 Jahre Exemplare mit noch teilweise erhaltenem Ursprungsstamm. Das liegt daran, dass sie in besondere Weise erfolgreiche Anpassungsstrategien fürs Überleben bei Stress entwickelt hat. Auch dieser Eibe hier traue ich ohne Weiteres zu, noch über 1000 Jahre alt zu werden.

Dabei war ihr Holz früher im Mittelalter so begehrt für die Nutzung von Langbögen, dass sie dadurch großräumig fast ausgerottet wurde. Denn die Herstellung und Nutzung von Bögen war Jahrhunderte lang kriegsentscheidend.

Text und Bilder: Andreas Roloff, TU Dresden