Alte Eiche in Bremen-Vegesack (2. Baum im Stadtstaat & Bundesland Bremen)

Baumart | Stiel-Eiche (Quercus robur) |
Standort: | im Stadtteil Vegesack, Bremen-Nord (nördlich des Nebenflüsschens Lesum von der Weser), in der kleinen Straße Ritterkamp vor Haus Nr. 3a; Bundesland: Stadtstaat und Hansestadt Bremen |
Alter: | ca. 400 Jahre (350-450) |
Stammumfang: | 6,35 m in 1,3 m Stammhöhe (gemessen im März 2025) |
Höhe: | ca. 25 m |
GPS-Daten: | N 53.175777, O 8.627812 |
NEB seit: | 23 . August 2025 (Bericht & Fotos) |
Privatbäume kommen nicht so oft als Nationalerbe-Baum zur Auswahl, da bei ihnen sehr genau geprüft werden muss, ob sie zugänglich bzw. öffentlich frei sichtbar sind und dies auch bei einem möglichen Eigentümerwechsel (durch z.B. Erbschaft oder Verkauf) in den nächsten Jahrzehnten und Jahrhunderten gesichert so bleiben wird. Denn unsere Bäume sollen erlebbar sein und bleiben, sonst können sie ihre Funktion für unsere Ziele nicht erfüllen.
Dieser Baum steht direkt am Sträßchen auf dem privaten Grundstück, und die Eigentümer sind überglücklich, begeistert und stolz, dass ihre Eiche nun mit in die obersten Baumliga Deutschlands aufgenommen wird. Die Stiel-Eiche ragt mit ihrer riesigen Krone auch über Nachbargrundstücke und die Straße, hat bisher wenig Pflege- und Sicherungs-Maßnahmen erfahren und wird von uns nun als erstes eingehend untersucht und darauf aufbauend behutsam gepflegt und sicher(er) gemacht – soweit dies notwendig und sinnvoll ist. Zudem übernehmen wir dafür ja auch gleich die Kosten, und diese Eiche wird der erste Anwendungsbaum für unser neu gegründetes Altbaumspezialisten-Netzwerk ArBoR:Net, so dass ein junges Baumpflege-Team die Überprüfung vornimmt und sie dann im großen Team und unter Beteiligung eines erfahrenen älteren Altbaumspezialisten diskutiert und realisiert wird. Das sind spannende und aussichtsreiche Zeiten, in denen sich nun das Bewusstsein für den großen Wert alter Bäume in Deutschland durch die Nationalerbe-Bauminitiative spürbar positiv verändert.
Eine so große und alte Eiche in einem Bremer Stadtteil (der bis 1939 eigenständige Ortschaft war) muss etwas kulturell Bedeutsames als Ursache haben, z.B. einen mittelalterlichen Gerichtsplatz oder ein wichtiger Dorf-Treffpunkt als Besprechungsort, sonst wäre sie nicht über 4 Jahrhunderte von allen Holzernte-Maßnahmen verschont geblieben. Vegesack war im Mittelalter von größerer Bedeutung für die Schifffahrt und seit dem 19. Jhdt. mit einer großen Werft bedeutsam für den Schiffsbau, da die Wesermündung nicht weit entfernt ist. Ich selbst habe in meiner Jugend dort noch Stapelläufe damals riesiger Tankerschiffe von dieser Werft miterlebt. Im 19. Jahrhundert war Vegesack eigenständiges Amt, dann sogar Stadt und wurde erst 1939 nach Bremen eingemeindet.
Dies dürfte die stärkste Eiche von Bremen sein, sie war aber bisher fast unbekannt! Und das wäre sie wohl auch geblieben, wenn der weitsichtige und baumfreundliche Eigentümer sie nicht selbst gemeldet hätte. Wir sind ihm dafür sehr dankbar, denn so kommt nun auch diese private Eiche in den Genuss der Beachtung und Förderung durch unsere Initiative und soll gerne 1000 Jahre in Würde alt werden. Es ist uns bewusst, dass dieses Ziel und Anliegen sehr, sehr mutig ist, aber wir wollen damit auch vorführen, dass sogar Privatbäume höchstrangigen Stellenwert unter den Uraltbäumen haben sollen oder erlangen können. Zudem stehen die bald 100 Nationalerbe-Bäume stellvertretend für alle alten Bäume in Deutschland, damit wir mehr für ihren Erhalt tun und nicht nur jammern, dass sie gefährlich wären oder im Weg stehen oder gelegentlich Blätter und Früchte herunterfallen.
Bei diesem Riesenbaum in einem Privatgarten macht es gewaltigen Eindruck sich klarzumachen, dass in seiner Krone hunderte von Tier-, Pilz-, Flechten- und Algenarten seit Jahrhunderten miteinander ungestört leben durften und weiterhin dürfen – Hochachtung für die heutigen und alle vorherigen Eigentümer, dass sie dies ermöglicht haben. Und wir sind jetzt als Deutsche Dendrologische Gesellschaft mit beteiligt und unendlich stolz darauf.
So kommen wir gut voran bei der gewollten Bewusstseinsbildung und sind sehr glücklich, dass unsere Initiative immer größere Beachtung erhält, was an den immer häufigeren Medienanfragen und der inzwischen sehr beachtlichen Anzahl von täglichen und monatlichen Aufrufen unserer Webseiten messbar ist. Und auf der 50. Ausrufung am 2. Juli in Ivenack haben wir vom Förderer und von höheren politischen Ebenen die Ansage erhalten, unbedingt schleunigst so weiterzumachen wie bisher – geht los!
Text und Fotos: Andreas Roloff, TU Dresden