Ess-Kastanie Rheine (Kreis Steinfurt, Nordrhein-Westfalen)

Ess-Kastanie Rheine: Stammbiegung des starken Baumes mit "Feng Shui-Schwung" in der Krone
BaumartEss-Kastanie (Castanea sativa)
Standort:im Salinenpark im Nordwesten der Stadt Rheine beim Kunstmeisterhaus: Salinenstraße 103, mit Parkplatz und Bushaltestelle „Saline C12“; Landkreis Steinfurt, Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Alter:ca. 260 Jahre (250-275)
Stammumfang:4,90 m in 1,3 m Stammhöhe (gemessen im Feb. 2025)
Höhe:ca. 25 m
GPS-Daten: N 52.298013, O 7.419817
NEB ab:15. Juni 2025 (Bericht & Fotos)

Die ausgewählte Ess-Kastanie in Rheine ist, besonders in Verbindung mit dem hochrangigen Kulturerbe Salinenpark, höchst interessant. Das Ambiente des Baumes, sein Zustand, seine Erlebbarkeit und Wirkung sind wichtige Kriterien für unsere Baumauswahl und hier optimal erfüllt. Er ist einer der besonders dicken und alten Bäume von Rheine mit idealem Standort und spannendem Umfeld. Dieser Baum könnte nach Recherchen im Zusammenhang mit der Parkhistorie und dem Bau der benachbarten Gebäude (Kunstmeisterhaus und Salzsiedehaus) gepflanzt worden sein. Damit lässt sich das Pflanzdatum auf einen Zeitraum von etwa 1750 bis 1770 eingrenzen, was einem heutigen Alter von 250 bis 270 Jahren entspricht. Der Kunstmeister hielt früher die Förderschächte für das Salz instand und sorgte für deren Ausbau.

Nicht weit entfernt (nur 50 m) von dieser Edel-Kastanie gab es bis vor 15 Jahren eine ungefähr doppelt so dicke Kastanie im Salinenpark, die aber aufgrund ihres Alters und ihrer Ausmaße (der Stammumfang betrug etwa 8,50 m!) Anfang der 2010er Jahre abgestorben ist. So wächst unsere nun ausgewählte Kastanie auch in deren Tradition und im Gedenken an diesen Vorgängerbaum.

Zur Baumbesprechung vor Ort im Februar 2025 waren 9 Teilnehmer anwesend, was das sehr große Interesse der Stadt mit Tourismusverband und von der Unteren Naturschutzbehörde (Landkreis Steinfurt) deutlich macht – so eine große Runde hatten wir noch nie dabei! Im Ergebnis waren sich alle absolut einig: übergroße Begeisterung und Zustimmung zu unserem Anliegen der Ausrufung der Ess-Kastanie zum Nationalerbe-Baum. Die Stadt ist sehr stolz darauf, dass sie nun mit diesem Baum auch dazugehören.

Den Zustand des Baumes haben wir bereits eingehend untersuchen lassen mit dem Ergebnis, dass altersentsprechend einiger, auch dringender Handlungsbedarf besteht, wenn er noch Jahrhunderte älter werden soll. Das ist aber für unsere ausgewählten Kandidatenbäume nichts Überraschendes und packen wir natürlich sofort an, es sollen noch vor der Ausrufung die notwendigen Maßnahmen erledigt und abgeschlossen sein, z.B. eine behutsame Einkürzung der Krone und die Erneuerung der Kronensicherungen. Der Stamm ist großräumig hohl, was aber bei älteren Ess-Kastanien ganz normal und kein Grund zur Sorge ist.

Sehenswert ist auch (ebenfalls nur 50 m entfernt) eine ältere Tanzlinde mit ihrer ausgebreiteten flachen Krone, sowie etliche weitere beachtliche Altbäume im Salinenpark. Diese Grünfläche mit ihrem alten und vielfältigen Baumbestand erstreckt sich um die Gebäude der historischen Salinenanlage, die bis 1952 Salz für den Kurbetrieb in Bentlage produziert hat. An deren Gradierwerk kann man auch heute noch die gesunde salzhaltige Luft inhalieren, was sehr beliebt und wohltuend ist und von Einheimischen wie Gästen gern genutzt wird. Eine Reihe kastenförmig geschnittener Linden dahinter zeigt als gartenarchitektonisches Gestaltungselement das fehlende Mittelstück des Gradierwerkes an und gibt den Blick auf die Felder und Wälder im Hintergrund frei. Der Park ist vollständig begehbar, schattige Plätze unter Bäumen sind reichlich vorhanden und überall finden sich Bänke zum Verweilen.

Im Besucherzentrum „Dreigiebelhaus“ (ebenfalls nur 50 m von der Ess-Kastanie entfernt) erhalten Gäste vielfältige interessante Informationen. Verschiedene Themenwege ziehen sich durch das schöne Gelände bis zur Ems und zeigen besondere Einblicke in die Geschichte, Gegenwart und Natur des Parks. Die Wege lassen sich zu sehr schönen Rundgängen kombinieren, mit dem Fahrrad erreicht man den Salinenpark vom Ems-Radweg und über die 100 Schlösser-Route. Eine Pause auf einer Radtour sollte man hier auf jeden Fall mit einplanen. 

Text und Fotos: Andreas Roloff, TU Dresden