Japanischer Schnurbaum in Hamburg an der Außenalster (2. Baum im Stadtstaat & Bundesland Hamburg)

Japanischer Schnurbaum in Hamburg: und aus entgegengesetzter Richtung mit der Innenstadtsilhouette Hamburgs im Hintergrund
BaumartJapanischer Schnurbaum, Pagodenbaum (Styphnolobium japonicum)
Standort:im Zentrum Hamburgs: Stadtbezirk Eimsbüttel am Südwestufer der Außenalster, an der Straße Alsterufer gegenüber dem mondänen Gebäudekomplex Nr. 27/28; Bundesland: Hansestadt Hamburg
Alter:ca. 150 Jahre (aus der Grünflächenhistorie am Außenalsterufer hergeleitet)
Stammumfang:6,55 m in 1,3 m Stammhöhe (gemessen unter dem dicken Efeumantel im Mai 2025)
Höhe:ca. 25 m
GPS-Daten: N 53.561710, O 9.997401
NEB ab:Juli 2025. Die Ausrufungsfeier kann aufgund aktueller Baumaßnahmen in Baumnähe erst im Frühjahr 2026 erfolgen. Der dafür
gefundene neue Termin wird hier rechtzeitig bekanntgegeben.

Entgegen seinem Namen kommt der Japanische Schnurbaum gar nicht aus Japan (er wurde dort aber zuerst gefunden und beschrieben), sondern aus China. Derzeit ist der Hamburger Nationalerebe-Baum einer der beiden Welt-Champions: selbst im Herkunftsland China ist kein stärkerer bekannt. Dort hat der dickste Schnurbaum 5,60 m Stammumfang, ich selbst habe einen etwa 800-jährigen in China gesehen und er kann dort über 1000 Jahre alt werden.

Bis vor 2 Jahren hätten wir hier an der Außenalster noch nicht landen können, da es damals Hochsicherheitstrakt wegen des Amerikanischen US-Konsulats war – Baumpfleger mussten damals immer schärfste Sicherheitskontrollen durchlaufen, bevor sie zum Baum durften.

Die Begeisterung im Bezirk Eimsbüttel über die Auswahl ihres gewaltigen Schnurbaumes als zweitem Hamburger Nationalerbe-Baum ist groß und ebenso im Hamburger Umweltamt. Die Vorbesprechung vor Ort hat große Freude gemacht, es nahmen daran wichtige Vertreter beider Verwaltungen teil. Sie waren sehr gespannt zu erfahren, wie wir auf diesen Baum gekommen sind, und das habe ich gerne erzählt, allerdings wie immer ohne die 4 Konkurrenten um den Titel zu nennen.

Der Schnurbaum wird von uns (nach der KlimaArtenMatrix KLAM und der Datenbank citree.de) als einer der bestgeeigneten Stadtbaum-Favoriten bei der Zukunftsbewertung eingestuft, was ihn aus unserer Sicht so attraktiv und in der jetzigen Zeit besonders wichtig macht. Es besteht große Übereinstimmung in Fachkreisen zur Einschätzung, dass im Innenstadtbereich mit starker Versiegelung und bei Straßenbäumen die nächsten 50 bis 100 Jahre nicht mehr nur mit einheimischen Baumarten zu bewältigen sind, da mit der weiteren Zuspitzung von Hitze und Trockenheit an solchen Stress-Standorten nur noch etwa 10-15 einheimische Baumarten in Frage kommen. Als Alternativbaumart schneidet der Schnurbaum dabei besonders gut ab, da er

  • außerordentlich gut mit Trockenheit und Hitze zurechtkommt,
  • erst ab Juli blüht und insektenbestäubt ist,
  • eine attraktive Herbstfärbung hat,
  • keine nennenswerten Schädlinge oder sonstigen Probleme hat,
  • ästhetisch im Jahreslauf sehr attraktiv ist,
  • sich nicht übermäßig von selbst ausbreitet und daher nicht als invasiv einzustufen ist.

Es trifft sich gut, dass im Umfeld dieses Hamburger Außenalster-Schurbaumes gerade vieles verkehrstechnisch neu geregelt werden soll – dabei kann auch dieser Baum als Nationalerbe optimal berücksichtigt werden. Er steht an einer Fahrrad-Schnellstraße, wo zeitweise in der Rushhour Karawanen von Radfahrern vorbeigerauscht kommen.

Die Bepflanzung des Außenalsterufers hatte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine wichtige Phase, und es wird von Experten vor Ort angenommen, dass er damals gepflanzt worden und nun somit heute etwa 150 Jahre alt ist – es wird noch recherchiert, was sich darüber oder sonst im Zeitraum zurück bis damals noch finden lässt, z.B. ein Foto wie er vor 80-100 Jahren ausgesehen hat. Das wäre spannend zu erfahren.

Der Baum genießt seit Jahrtausenden in ostasiatischen Hochkulturen höchste Verehrung. Man findet ihn daher – auch heute noch – bevorzugt an Orten der Gelehrsamkeit und der Religion, insbesondere in Tempelanlagen und an Schreinen oder Pagoden. Daher stammen auch die weiteren Bezeichnungen pagoda tree (Pagodenbaum) und scholar tree (Gelehrtenbaum). Er hat zudem große Bedeutung in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM): es gibt sehr viele verschiedene Heilmittel aus seinen Inhaltsstoffen.

Text und Fotos: Andreas Roloff, TU Dresden