Klosterlinde bei Chorin, Amt Britz-Chorin-Oderberg (Landkreis Barnim)

Klosterlinde Pehlitzwerder: …die wohl kaum zu toppen ist: Wülste, Beulen, Rippen, Löcher, Risse – es fehlt an nichts
BaumartWinter-Linde (Tilia cordata)
Standort:Amt Britz-Chorin-Oderberg, Landkreis Barnim; am Südufer vom Parsteiner See auf der Halbinsel Pehlitzwerder im Campingplatz-Gelände unmittelbar neben der Klosterruine; etwa 20 km nordöstlich von Eberswalde: Fahrt über Chorin nach Pehlitz, an der schmalen Straße „Am Parsteinsee“ (von Pehlitz nach Parsteinsee) Abzweig zum Campingplatz: Parkplatz vor der Schranke rechts, von dort zu Fuß oder mit Fahrrad immer Zutritt möglich; auf befestigtem Fahrweg ca. 500 m bis zum Erreichen der Campingplatz-Gebäude, dann rechts am Waldrand dem Weg entlang der Wiese oder geradeaus im rechten Bogen dem Hauptweg weiterfolgend bis zur Klosterruine (ausgeschildert und dort ist der Baum nicht zu verfehlen, gleich daneben); Bundesland: Brandenburg
Alter:ca. 600 Jahre (500-700)
Stammumfang:7,20 m in 1 m Stammhöhe (Taille, gemessen Feb. 2023)
Höhe:ca. 22 m
GPS-Daten: N 52.913597, O 14.003360
NEB seit:15. April 2023  (Bericht & Fotos)

Mehrere Winter-Linden als Kandidaten für Nationalerbe-Bäume stellten sich in den letzten Monaten bei den Vorortterminen der Baumsuche dann als Sommer-Linden heraus, was etwas irritiert – denn so schwierig ist die Unterscheidung beider Baumarten eigentlich nicht (s. Tabelle unten). Daher war es besonders spannend, wie der vom Campingplatz-Pächter gemeldete Baum wohl bei näherem Ansehen aussieht und es war eine wunderbare Überraschung, dass wir hier mit dieser Baumart zum 2. Mal tatsächlich bei einer Winter-Linde fündig geworden sind. Der Baum war auch schon vorher von mehreren angesehenen Dendrologen aus der Forststadt Eberswalde überprüft worden, daher konnte man das auch erwarten.

Das Areal um den Baum ist teilweise waldartig, die frühere Insel wurde Jahrhunderte lang mit Schafen beweidet, so dass sich die ausgewählten geschützten Bäume lange Zeit frei von Konkurrenz wunderbar entwickeln konnten (sog. Hutebäume): z.B. etliche alte Stiel-Eichen, Rot-Buchen, Hainbuchen, Birnbäume und Linden. Daher sind diese Bäume auch eindrucksvolle Zeugen der Kulturgeschichte vor Ort mit all ihren Besonderheiten. Es gibt eine sehr interessant geschriebene und bebilderte Broschüre „Gespräche mit Bäumen auf dem Pehlitzwerder“ (vom Ökodorf Brodowin e.V. 2022), mit Lageplan und Beschreibung von 23 besonderen Bäumen im Areal des Campingplatzes. Auf einer Karte im Internet sind alle besonderen Bäume incl. der Naturdenkmale verortet und benannt.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Insel durch einen Dammbau zu einer Halbinsel, auf der sich heute alleine 8 Baum-Naturdenkmale befinden, und der Campingplatz-Betreiber kümmert sich zusammen mit dem Eigentümer Amt Britz-Chorin-Oderberg und dem Landkreis Barnim (UNB) nach Kräften und sehr einfühlsam um diese Baumschätze. Wir freuen uns sehr, dass wir uns daran nun beteiligen können, um die kostbare Winter-Linde in Würde altern zu lassen. Eindrucksvoll ist ihr Zustand 1930 mit einem „deutlich zarteren Alter“ noch im Freistand auf einer Weidewiese zu erkennen (Foto: S. Hueck, Quelle: Fritz Ebers, Dr. Kurt Nägler, 1920 – Die Geheimnisse des Parsteinsees. Angermünde: Verlag Schimazek).

Wenn Sie diesen Baum das erste Mal sehen, geraten Sie garantiert in langes Staunen, dafür gibt es extra eine Bank. Denn er ist eine Skulptur ohnegleichen, der Stamm erzählt seine extrem aufregende Lebensgeschichte – die wie immer bei der Ausrufung für Laien verständlich vorgestellt wird. Hier möchte man Stunden verbringen und die Kraft des Baumes wirken lassen. Dafür habe ich mir beim ersten Aufsuchen des Baumes viel Zeit genommen. Den Campingplatz mit seinen dendrologischen Kostbarkeiten kenne ich schon seit über 10 Jahren, als 2011 die Elsbeere Baum des Jahres wurde – denn die Elsbeere auf diesem Campingplatz war und ist die dickste von Deutschland! Und ich habe sie damals gesucht und auch sofort gefunden. Man merkt ihr heute (leider) an, dass sie ihr maximales Lebensalter von über 200 Jahren bald erreicht hat.

Der Verein Naturfreunde/Campinggemeinschaft Pehlitzwerder (N/CP) e. V. betreibt den Campingplatz und kümmert sich mit um die Bäume. Man darf daher z.B. nur auf genau zugewiesenen Plätzen zelten, um die Bäume zu schonen. Dadurch sind die Zeltplätze z.T. deutlich voneinander entfernt, und man hat dort beim Camping tagsüber und nachts ein besonders intensives und individuelles Natur- und Baum-Erlebnis. Zudem ist der riesige See mit Badestellen in Sicht- und Hörweite und alles ist so naturbelassen, dass man den Campingbetrieb fast nicht merkt – traumhaft!

Die nahegelegene „Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde“ (HNEE) bildet Forstleute und Umweltfachkräfte aus, dort befindet sich auch ein sehr sehenswerter Forstbotanischer Garten mit vielen interessanten Gehölzen, mit dem wir mit unserem Forstbotanischen Garten in Tharandt intensivste Kontakte haben und im ständigen Gedankenaustausch stehen.

Hier noch eine Hilfestellung zur Unterscheidung von Sommer- und Winter-Linde, da es offenbar in der Praxis etliche Verwechslungen gibt:

Winter-LindeSommer-Linde
Blätter unterseitsin den Nervenwinkeln rostrot-bärtig ± glattin den Nervenwinkeln weißbärtig; Nerven hervortretend
Knospenschuppen2 (selten 3)3 (selten 2)
Blüten/Früchte je Blütenstand5 bis 122 bis 5
Reife Früchteglatt, zerdrückbarmit Längsrippen, steinhart
Jahrestriebe & Blattstielekahlbehaart
Austrieb, Blütespäter (Ende Juni/Anfang Juli)zwei Wochen früher
Ansprüchegeringerhöher

Text und Bilder: Andreas Roloff, TU Dresden