Kroneiche bei Röbel/Müritz (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte)

Kroneiche Röbel/Müritz: ein Stamm, der eine viele Jahrhunderte lange harte Lebensgeschichte erzählt
BaumartStiel-Eiche (Quercus robur)
Standort:Amt Röbel/Müritz, Landkreis Mecklenburgische Seenplatte, ca. 5 km vom Westufer der Müritz entfernt; direkt an der Straße von Röbel/Müritz nordwestlich nach Minzow (Parkplatz 50m westlich auf der gegenüberliegenden Straßenseite); Bundesland: Mecklenburg-Vorpommern
Alter:ca. 600 Jahre (500-700)
Stammumfang:10,15 m in 1,1 m Stammhöhe an der Taille (gemessen Feb. 2023)
Höhe:ca. 25 m
GPS-Daten: N 53.390018, O 12.544948
NEB seit:22. April 2023

Man könnte dieses Bundesland auch als Land der alten Eichen bezeichnen, da es so viele davon im Wald, in der Landschaft und als Straßen- und Alleebäume gib, so auch die berühmten Ivenacker Eichen. Das liegt u.a. an dem sehr verbreitet erreichbaren Grundwasser für die bis zu 5 m tiefen Pfahlwurzeln der Eichen.

Sehr informativ und ansprechend ist hier an der Kroneiche der Tafeltext gegenüber auf der dort installierten Erläuterungstafel, daher nun zuerst direkt ein Auszug davon:

Die Kroneiche – Ausflugsziel mit Symbolkraft

Was hat dieser imposante Baum alles gesehen! Wieviele Liebespaare haben sich unter seiner Krone geküsst? Wurden vielleicht Ganoven an seinen starken Ästen aufgeknüpft? Wieviele Soldaten haben im Schatten der Krone schon gerastet? Könnte die bemooste Rinde Geschichten erzählen, müsste man sich einen Stuhl mitbringen.

Als Ausflugsziel ist die Kroneiche jedenfalls schon seit 150 Jahren bedeutend. Im mehrfach umgebauten Holzwärterhaus, später auch Jägerhaus und dann Forsthaus genannt, gab es einen kleinen Ausschank für Sommerfrischler aller Art. Drei Generationen der Förster Hagen haben bis Ende des 2. Weltkriegs hier gewirkt.

Landläufig wird dieser Baum, der übrigens eine Stieleiche ist, als 1000-jährig bezeichnet. Wenn man davon ausgeht, dass die Bezeichnung „Kron“ vom slawischen kron = Kranich abgeleitet ist, dann mag das stimmen. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen jedoch, dass der Baum ca. 600 Jahre auf der Rinde hat. Auch das ist ein stattliches Alter! Eichen können 600 bis 1.000 Jahre alt werden, wobei die Stieleiche etwas älter werden kann als die Traubeneiche.

Noch immer wächst die Eiche, wenngleich nur langsam. In der Vergangenheit haben immer wieder Stürme den Baum zerzaust und große Äste abgerissen. Mehrere Blitzschläge haben die Kroneiche getroffen und auch gespalten.

(Quelle: Erläuterungstafel zum Baum von Landesforst MV/Forstamt Wredenhagen und Stadt Röbel/Müritz mit Tourist-Information)

Die Kroneiche mit ihren über 10 m Stammumfang steht am Rand des Röbeler Stadtwaldes im Glienholz, neben dem Ende des 19. Jahrhunderts erbauten Forsthaus, das nach dem damaligen ersten Forstaufseher Hagen des Stadtwaldes benannt wurde. Die Eiche mit ihrem gewaltigen Stamm ist nach Champion Trees-Liste die 6.-stärkste Eiche Deutschlands. Ihr Stammdurchmesser nimmt nach oben schnell ab, was – wie auch die dicken tief angesetzten Äste – auf ihren Aufwuchs im Freistand zurückzuführen ist. Das ist aber auch der Grund für etliche Blitzeinschläge, die sie überstehen musste und die ihren Stamm beschädigt haben.

Dieses Schicksal erfahren frei stehende Eichen fast immer und häufig in ihrem Leben, da sie oft mit ihren tiefen Pfahlwurzeln auch Kontakt zum Grundwasser haben, was der Blitz besonders gerne „sucht“. Solch ein Blitzspalt im Stamm dieses Baumes auf seiner bemoosten Westseite wurde anschließend vor langer Zeit mit jetzt noch teilweise sichtbaren Ziegelsteinen geschlossen: was man heute nicht mehr machen würde, da dies den Pilzbefall fördert – aber man soll die Steine jetzt auch nicht mehr entfernen, da sie bereits eingewachsen sind.

Die Krone dieser Eiche ist durch ihre lange Lebensgeschichte, die Wetterkapriolen und einige Risse, tote Stammbereiche, Starkäste und Aststummel besonders wild und ausdrucksstark geworden, was alte Eichen oft sehr monumental aussehen lässt wie kaum eine andere Baumart. Vielleicht stammt ihr Name Kroneiche auch einfach von dieser schon immer sehr imposanten Krone?

Die Kroneiche steht am Anfang- und Zielpunkt einer besonders lohnenden Wanderrunde durch den Röbeler Stadtwald, das Glienholz:

  • nach Süden zum Gliensee entlang sehr schöner im Wasser stehender Erlen-Bruchwälder mit etlichen Moor-Birken und zu einem Riesenfindling „Teufelsstein“
  • und nach Norden zum Rohrteich mit vielen eindrucksvollen alten Flatter-Ulmen im Uferbereich, und zum Großkeller See. Auf dem Rohrteich sollen im Sommer als Highlight große Wasserflächen mit Seerosen bedeckt sein, was zur Blütezeit im Sommer ab Juni natürlich besonders spektakulär aussehen muss.

Ob wirklich wie gelegentlich beschrieben Kraniche auf der Eiche rasteten oder gar brüteten, ist eigentlich eher unwahrscheinlich. Da die Eiche aber früher längere Zeit frei in der Landschaft stand und es in der Nähe Wasserflächen, Nasswiesen und Bruchwälder gab und gibt, ist sehr wahrscheinlich, dass sie sich schon immer gerne und häufig in der Nähe des Baumes aufgehalten haben. Vielleicht hat(te) der Name aber sogar mit einer Krönung zu tun? Denn Kroneichen gibt es auch etliche viel weiter im Westen, z.B. in Schleswig-Holstein und in Hessen, wo Kraniche nicht so oft vorbeikommen.

Die idyllische Kleinstadt Röbel/Müritz liegt am Ende einer langen Bucht im Südwesten der Müritz und wird oft als „bunte Stadt am kleinen Meer“ bezeichnet. Damit ist die farbenreiche Altstadt mit ihren vielen restaurierten Fachwerkhäusern gemeint. Anziehungspunkt des Städtchens ist auch der hübsche Müritz-Hafen mit seiner langen Uferpromenade. Sehenswert sind außerdem die hölzernen Bootshäuser am Nordufer der Bucht (gegenüber dem Anleger der Ausflugsschiffe) und der Müritz-Nationalpark östlich der Müritz. Zahlreiche Radwege erschließen die Umgebung, und einer führt mit ca. 85 km Länge (fast immer in Wassernähe!) rund um die Müritz – was man also entspannt an einem Tag hinbekommen kann, wenn man möchte (das habe ich schon dreimal genossen), oder sich z.B. mit Kindern auch mehr Zeit dafür lassen kann und sollte.

Text und Fotos: Andreas Roloff, TU Dresden