Pfarreiche Klein Lübars (Stadt Möckern, Landkreis Jerichower Land, Sachsen-Anhalt)

Pfarreiche Klein Lübars: diesen Blick aufwärts muss man live erleben
BaumartStiel-Eiche (Quercus robur)
Standort:Klein Lübars (OT der Stadt Möckern), Lkr. Jerichower Land, ca. 30 km östlich von Magdeburg, Sachsen-Anhalt; am Westrand des Ortes – rund 150 m westlich der Kirchenruine (in einem Grünstreifen zwischen einem Privatgrundstück und einem Feld – Zugang nur über Fußpfad nördlich der Kirche).
Alter:400 bis 500 Jahre, geschätzt 450 Jahre (Herleitung aus Dimension, lebenslangem Freistand, Stammumfang und Standort mit Grundwasseranschluss)
Stammumfang:6,75 m in 1,3 m Stammhöhe (gemessen Okt. 2022)
Höhe:ca. 23 m
GPS-Daten: N 52.1713395, O 12.097631
NEB seit:28. April 2023

Der auch Kircheiche oder Breitkroneneiche genannte Altbaum ist seit 1937 Naturdenkmal. Sein Alter wird von 300 bis 800 Jahre angegeben, beide Werte sind sicher so nicht zutreffend. Gemäß Ortschronik soll die Eiche ca. 800 Jahre alt sein, aber nach den eigenen Recherchen dürften es etwa 450 Jahre sein.

Sie steht etwas versteckt am Dorfrand und ist nur über einen Fußpfad von der Straße aus nördlich der eindrucksvollen Dorfkirchenruine (unbedingt ansehen!) erreichbar. Mit dem Wegweiser von der Straße an der Kirche lässt sich der Baum leicht finden, etwa 100 m Zuweg auf einem Grünstreifen am Acker entlang.

Der Baum erscheint vollkommen intakt, ohne irgendwelche erfolgten Eingriffe. Es sind z.B. fast noch alle Äste am Stamm, sowohl die lebenden als auch einige tote, und sie wurden auch nicht eingekürzt (zumindest auf der zugänglichen Seite). Man kann daher hier so vollkommen wie selten woanders erfahren, wie die Baumentwicklung einer uralten Stiel-Eiche ohne Eingriffe verläuft.

Das wird nicht das ganze weitere lange Leben dieser Eiche so bleiben können, da in höherem Alter dann irgendwann mehr Äste absterben werden, und dieser Schaden allmählich auf Teile der Krone übergreifen kann, wobei auch Teile des Stammes herausbrechen könnten. Spätestens wenn diese Entwicklung abzusehen ist und bevor sie eintritt, muss behutsam eingegriffen werden durch Asteinkürzungen und ggf. Sicherungsmaßnahmen. Aber das ist noch lange hin, hoffen wir.

Über die Entstehung dieses Baumes ist fast nichts bekannt: ob und wann er gepflanzt wurde und warum gerade hier – oder ob er zufällig aus einer gekeimten Eichel entstanden ist? Jedenfalls muss er sein ganzes Leben volles Licht erhalten haben, sonst wären nicht so viele tief angesetzte Äste noch am Leben geblieben und die Krone wäre nicht derartig in die Breite gewachsen.

Interessant und besonders bei diesem Baum ist auch, wie einige der unteren weit ausladenden alten Äste bis zum Boden herunterhängen („Schleppenbildung“). In Einzelfällen können sie sich beim Aufliegen auf dem Boden dann sogar bewurzeln und an der Spitze wieder aufrichten, und so kann dieser Baumveteran eine Klon-Tochterkolonie bilden: nicht über Eichel-Früchte, sondern über solche „Absenker“, d.h. diese Tochterbäume sind dann genetisch identisch mit dem Mutterbaum.

Die detaillierte Untersuchung des Baumzustandes ergab keinerlei Defekte, Krankheiten oder sonstige Defizite: [Auszug aus dem Gutachten] „ein sehr imponierender Baum mit sehr hoher Erhaltungswürdigkeit; Standsicherheit ohne Einschränkungen gegeben, Bruchsicherheit nur durch etwas unbedeutendes Totholz geringfügig eingeschränkt. Die Baumscheibe unter dem Baum sollte nicht betreten werden dürfen und deutlich abgegrenzt werden. Baum mit sehr hoher Lebenserwartung.“

Die Ausrufung wird am Freitag 28. April 2023 um 16 Uhr erfolgen und als Dorffest auf dem nahen Festplatz (Anger) veranstaltet. Daran wird als besonderer Ehrengast diesmal sogar die Bundesumweltministerin Steffi Lemke teilnehmen, welche aus dem nahen Dessau, also aus Sachsen-Anhalt stammt und sich aus 3 Baumvorschlägen dieses Bundeslandes die Pfarreiche als Wunschbaum ausgesucht hat. Und diesen Wunsch haben wir ihr sehr, sehr gerne erfüllt!

Die Ortschaft Klein Lübars ist Ortsteil der Gemeinde Lübars und gehört zur Stadt Möckern, welche auf Platz vier in der Liste der flächengrößten Gemeinden Deutschlands steht – nach Berlin, Hamburg und Gardelegen – und mit gut 525 km² etwa ein Fünftel der Fläche des Saarlands hat. Nicht weniger als 27 Freiwillige Feuerwehren sorgen hier für die Absicherung des Brandschutzes.

Interessantes von der Gemeinde-Website: „Die Gemeinde Lübars wurde 1187 erstmalig in einer Besitzurkunde des Klosters Leitzkau erwähnt. Die Landschaft ist geprägt von einer Vielzahl von Baumalleen, welche die Felder und Wiesen beiderseits der Ihle durchschneiden. Durch Lübars und Klein-Lübars führen Straßen von historischer Bedeutung, wie die Alte Heerstraße Berlin – Magdeburg, die Handelsstraße Klein Lübars – Riesdorf und die Alte Poststraße Berlin – Magdeburg. An den Wegen finden sich viele große Findlinge als Zeugen der Eiszeit. Ebenfalls aus dem 13. Jahrhundert stammt die Ruine der Feldsteinkirche in Klein-Lübars. Neben der Historie hat aber Lübars vor allem Natur zu bieten – die Vielfalt der Bäume und Sträucher.“

Da die Eiche hier im Fläming sehr häufig ist, wird sie in den Wappen der Stadt Möckern in Form von 3 Eichenblättern sowie im Wappen von Lübars in Form von 3 Eicheln dargestellt.

 Text und Fotos von Andreas Roloff, TU Dresden

Die Eiche im Wappen der Stadt Möckern (links) und der Ortschaft Lübars (rechts)