Weinkeller-Linde (Amt und Stadt Schlieben, Elbe-Elster-Kreis) in Brandenburg
Baumart | Winter-Linde (Tilia cordata) |
Standort: | Stadt Schlieben im gleichnamigen Amt Schlieben, auf dem weithin sichtbaren Weinberg (Langer Berg) an der Kellergasse, für die Anreise eingeben: Martinstraße 29; dort befindet sich die Linde – vom Ortskern aus Norden kommend – auf der Anhöhe über den Weinkellern rechts oberhalb der Straße (in unmittelbarer Nähe führt eine Treppe von der Straße hinauf); Parken unten im Stadtzentrum 200 m entfernt; Elbe-Elster-Kreis, Brandenburg |
Alter: | ca. 425 Jahre (400-450 Jahre, hergeleitet aus Stammdimension, -strukturen sowie Baumhabitus, Standort und Ortshistorie) |
Stammumfang: | 8,25 m in 1,3 m Stammhöhe (Taille hinter Efeu, gemessen August 2024) |
Höhe: | ca. 20 m |
GPS-Daten: | N 51.720563, O 13.384896 |
NEB seit: | 03. Oktober 2024 (Bericht & Fotos) |
Nun hat es also endlich wieder mal eine richtig alte und starke Winter-Linde auf’s „NEB-Treppchen“ geschafft, etwas versteckt auf einer Anhöhe zwischen anderen Bäumen inmitten eines Areals mit 34 Weinkellern. Dort ragen überall im Gelände aus dem Boden Entlüftungsrohre heraus, damit darunter der Wein und die Keller nicht zu sehr schwitzen – man muss daher beim Herumlaufen etwas aufpassen, um nicht darüber zu stolpern. Zur Beschattung des Bodens hat man damals vor allem Linden über die Keller gepflanzt, wenn nicht schon Bäume dort standen (Kastanien gab es damals noch nicht, die später zur Kühlung von Bierkellern bevorzugt wurden). Meist hat man dafür Sommer-Linden gewählt, da sie schneller wachsen und größere Blätter haben, also besser beschatten. Dies ist dort eine von wenigen Winter-Linden im Gebiet und zugleich auch der älteste Baum noch aus der Zeit der Kelleranlage – interessant: das Areal ist heute auf großen Flächen waldartig bewachsen, mit vielen Wiederaustrieb-Bäumen (vor allem Sommer-Linden, Flatter-Ulmen und Ahorne).
Bei dieser eindrucksvollen Winter-Linde handelt es sich um eine der 5 stärksten von Deutschland, da etliche als Winter-Linden bekannte bei genauer Untersuchung sich dann doch als Sommer- oder Holländische Linden „entpuppen“. Sie hat wohl schon einiges mitgemacht und ist ein sehr wertvoller Kandidat für unser Anliegen: das würdige Altern von Baumveteranen zu begleiten und zu fördern. Als ich mit dem Anliegen zur jetzt so neu benannten Weinkeller-Linde als Nationalerbe-Baum bei der Gemeinde anfragte, war man sofort vollkommen begeistert. Das extrem engagierte Amts-Verwaltungsteam hat innerhalb weniger Tage alle von mir erbetenen Informationen zusammengetragen und nach einer extra sofort dafür angesetzten Beratung die Zustimmung mitgeteilt, inclusive unterschriebener Vereinbarung innerhalb nur einer Woche – das ist Rekord! Da kam ich direkt etwas außer Puste, und zudem haben sie auch schon gleich den Ausrufungstermin in 4 Wochen festgelegt, nämlich als Highlight auf dem am Feiertag 3. Oktober stattfindenden Weinkellerfest. Ich bin enorm beeindruckt vom Arbeitstempo in dieser Kleinstadt und dem Enthusiasmus, den man in der Stadt auch woanders spürt – da hatte ich gleich noch ein paar schöne Erlebnisse und habe sogar auf Anhieb einen Bäcker mit leckerer Torte gefunden…
Der Weinanbau dort seit dem 13. Jahrhundert und die Weinkeller-„Anlage“ seit etwa 500 Jahren im Weinberg ist ein äußerst beeindruckendes Kulturdenkmal, am meisten direkt bei der Linde: dort führt das schmale Sträßchen Martinstraße als Hohlweg über den Weinberg, und rechts und links in der Böschung bzw. der Mauer folgt ein Weinkeller neben dem anderen mit Türen oder Toren zur Straße. Im Internet kann man eindrucksvoll anschauen, was sich dort alles in, bei und an den Kellern abspielt: www.weinbau-schlieben.de. Die Weinlage „Schliebener Langer Berg“ ist eine von zwei gesetzlich zugelassenen Rebflächen im Land Brandenburg, auf denen hochwertiger Qualitätswein erzeugt wird, der sogar schon Preise erhalten hat. Weinrechtlich gehört der Weinberg zum Bereich Elstertal im Weinbaugebiet Sachsen!
Der Ort hat es in sich: Schlieben im südbrandenburgischen Elbe-Elster-Kreis ist bereits über 1000 Jahre alt und hat 2006 sein 1050-jähriges Bestehen gefeiert. Der Ortsname stammt aus dem Slawischen (von „Sliwa“ für Pflaume) und weist auf ein historisch bedeutsames Pflaumenanbaugebiet hin.
Heute ist die Stadt nun als eines der nördlichsten Weinbaugebiete Deutschlands bekannt. Seit 1992 werden hier die Sorten „Bacchus“ und „Müller-Thurgau“ auf knapp 2 ha Fläche auf der Südseite des Weinberges angebaut. Besucher können sich beim örtlichen Weinbau-Verein anmelden, um den Weinberg zu besichtigen oder in den restaurierten Weinkellern verschiedene Weinsorten zu verkosten. Die Lagerräume der Weinkeller sind Tonnengewölbe, von denen das längste über 30 m lang ist. In der Tourist-Information im historischen Hofensemble Drandorfhof kann man sich über Veranstaltungen informieren und die Flämingtrachten bestaunen. (dieser Absatz aus Wikipedia, etwas verändert und gekürzt)
Text und Bilder: Andreas Roloff, TU Dresden