Jahresbericht 2024

Dez. 26, 2024

Bericht zu den Aktivitäten im Projekt Nationalerbe-Bäume Deutschlands 2024, mit Angaben zur Vorbereitung, Durchführung und Wirkung der Ausrufungen sowie Maßnahmen an  Nationalerbe-Bäumen. 

Insgesamt sind wir vom erfolgreichen Verlauf 2024 wieder überwältigt: es ist gelungen, weitere 14 Bäume als Nationalerbe-Bäume auszuwählen und mit Vertrag verbindlich festzulegen (überwiegend aus uns zugegangenen Meldungen der Öffentlichkeit) und 13 davon auszurufen (mehr Informationen und viele Bilder dazu auf www.nationalerbe-baeume.de/neuigkeiten).

Ausrufungen 2024

NEB #31: Drillingseiche, April, Frankfurt (Oder), Brandenburg

Diese Stiel-Eiche steht in einer kleinen Parkanlage (ehemaliger Kirchfriedhof) in einer Winkelreihe mit 7 weiteren Eichen, die deutlich jünger sind. Daher kann man annehmen, dass diese Eiche schon sehr früh größere Bedeutung hatte, evtl. sogar als Gerichtsplatz. Sie ist der stärkste und älteste Baum von Frankfurt (Oder), die Stadt ist mächtig stolz auf ihn. Der Name Drillingseiche für den Baum ist durch die Teilung des Hauptstammes in etwa 4 m Höhe in drei Stämmlinge begründet. Diese Stammteilung kam während des Aufwuchses durch Beschädigung des Stammes zustande, was zum Ersatz durch drei dominante Wipfeltriebe geführt hat. Dies muss schon sehr lange her sein, da die drei Stämmlinge inzwischen imposante Ausmaße haben: einer hat mittlerweile über einen Meter Durchmesser erreicht.

Die Drillingseiche hat zudem eine sehr beeindruckende Borkestruktur, besonders unter der Stammgabelung auf der Nordseite des Stammes. Dort erkennt man turbulente gewaltige Borkerippen und dazwischen teilweise über 10 cm tiefgehende Borkespalten – diese Strukturen müssen mindestens 500 Jahre zur Entwicklung gebraucht haben. Die Winkelreihe von den 8 alten Eichen wurde als Begrenzung des Kirchhofes um den Friedhof der damals wohl bereits vierten Dorfkirche gepflanzt. Zu ihrer Ausrufung als Nationalerbe-Baum ist extra Frau Bundesumweltministerin Steffi Lemke mit ihrem Team angereist, hat der Feier beigewohnt und einen Redebeitrag zum Schutz alter Bäume und Wälder vorgetragen.

NEB #32: Hohle Linde, April, Homberg (Ohm), Hessen

Man sieht sofort, warum diese Sommer-Linde im Ort schon lange einfach nur Hohler Baum genannt wird: sie ist so hohl, dass sogar „Nachwächterführungen“ dort angeboten werden, wobei aus dem Baum eine Stimme spricht und dies bei Kindern (und Erwachsenen ebenso) natürlich enormen Eindruck macht. Zudem gehört zum Baumbesuch seit langer Zeit dazu, dass man durch den Baum hindurchgeht, da er einen Ein- und Ausgang sowie im Inneren einen Rundgang hat. Der Baumbesuch ist bei Kita-Gruppen, Schulklassen und Stadtführungen fest im Programm verankert.

Vor etwa 100 Jahren ist die komplette Krone der Hohlen Linde in 6 m Höhe bei einem Gewittersturm abgebrochen –  daher muss man an diesem Baumveteran nun noch mehr bewundern, was so eine alte Linde alles „wegstecken“ kann. Bis vor einigen Jahren war das Burggelände in Privatbesitz und ein Besuch am und im Schloss nicht möglich. Seit 2012 ist aber alles im Eigentum der Stadt und nun öffentlich zugänglich.

Und die Linde schaute staunend zu, was wir uns so zu ihrer Verehrung haben einfallen lassen – so etwas hatte sie ja in ihren 750 Jahren Lebensgeschichte noch nie erlebt. Die Anzahl von etwa 130 Teilnehmenden übertraf angesichts des wilden Aprilwetters alle Erwartungen, es war eine wunderbare, fast ausgelassen-fröhliche Stimmung, und ganz viele waren sichtlich schwer bewegt durch diesen Feier-Tag in Homberg und was sie alles zur Linde erfuhren, zu sehen und erklärt bekamen. Nicht zu toppen war der Höhepunkt der Frühjahrsblüten-Orgie um den Baum und in der Landschaft: Apfel-, Kirsch- und Nussbäume, Flieder, Narzissen, Raps alles gleichzeitig aber 2-3 Wochen später als in fast allen anderen Teilen der Republik in diesem Jahr – dafür ist das Vogelsberggebiet berühmt.

NEB #33: Dicke Eibe,  Mai, Lebach, Saarland

Die spirituelle Wirkung des Baumes merkt man dort sofort, wenn man dort im „heiligen Raum“ unter dem Baum ankommt. Diese Eibe ist einer der ältesten und bedeutendsten Bäume des Saarlandes. Es soll mit ihrer Ernennung auch gewürdigt werden, dass sich die private Eigentümerfamilie persönlich seit ganz langer Zeit sehr fürsorglich um den Baum kümmert und seine Holznutzung in früherer Zeit verhindert werden konnte.

Fotos aus den 1950er und 1970er Jahren zeigen, dass die Eibe da noch fast frei auf der Wiese stand, mit einer damals erstaunlich kleinen Krone – heute ist diese 23 m breit! Der Baum hat Grundwasseranschluss und daher mit seiner Riesenkrone seit längerer Zeit einen sehr guten Zuwachs. Wenn es verbreitet heißt „Eiben brauchen Schatten“, sieht man hier, dass sie sehr wohl auch mit voller Sonne zurechtkommen. Sie dürfen nur nicht plötzlich aus dem Schatten freigestellt werden, dann können die 8-10 Nadeljahrgänge verbrennen. Es kann im Extremfall sogar zum Absterben des Baumes kommen, da die verlorenen Nadeln erst nach 8 Jahren wieder vollständig ersetzt sind.

Unter allen mitteleuropäischen Baumarten hat die Eibe die höchste Lebenserwartung und kann 1500 Jahre alt werden, in England gibt es sogar 2000 Jahre Exemplare mit noch teilweise erhaltenem Ursprungsstamm. Das liegt daran, dass sie in besondere Weise erfolgreiche Anpassungsstrategien für das Überleben bei Stress entwickelt haben. Auch dieser Eibe trauen wir ohne Weiteres zu, noch über 1000 Jahre alt zu werden.

NEB #34: Dicke Lärche, Juni, Trusetal, Thüringen

Lärchen mit solchen Dimensionen gibt es in Deutschland nicht viele, einfach gigantisch: mit über 5 m Stammumfang und etwa 47 m Baumhöhe. So richtig Wirkung zeigt das, wenn man den Baum das erste Mal aufsucht: aus 100 m Entfernung sieht man, dass er alle umstehenden Fichten und Lärchen deutlich überragt. Zudem hat die Dicke Lärche Trusetal eine riesige Krone mit fast 20 m Länge im oberen Stammbereich. Wenn man den Stamm ansieht und hochschaut, kommt man längere Zeit ins Staunen, was Lärchen hierzulande zustande bringen.

Wie es zu dieser Riesenlärche im Wald bei Trusetal gekommen ist, bleibt ein Geheimnis – niemand weiß dazu etwas Genaueres. Der Baum ist zudem relativ unbekannt, u.a. da er nicht ganz einfach zu finden und nur etwas mühsam erreichbar ist. Der Zuweg ist nun aber gut erkennbar und neu beschildert. Andererseits ist es eine ganz besondere Lärche mit ihrem Stammumfang und vor allem ihrer Baumhöhe, daher lohnt das Aufsuchen. Außerdem passt der Standort in über 500 m Höhe in einem besonders schönen Teil des Thüringer Waldes so gut zu ihr. Alte Gebirgslärchen in den Alpen sind oft eindrucksvolle Monumente und Skulpturen – das ist dieser Lärche in höherem Alter auch zuzutrauen. Sie ist inzwischen behutsam von einigen Konkurrenzbäumen freigestellt worden, damit sie ihre Krone besser ausbreiten und nach unten zurückbauen kann, um die Transportwege für das Wasser bis zur Baumspitze zu verkürzen, denn sie muss es derzeit dorthin 47 m hoch transportieren, d.h. saugen!

Auch hier war die Begeisterung über die Auswahl und Ernennung der Lärche zum NEB sehr groß und man ist mächtig stolz auf den Baum in Brotterode-Trusetal.

NEB #35: Waldeibe, Juni, Schortens, Niedersachsen

Diese Eibe hat einen besonders eindrucksvollen Stamm entwickelt – das bekommt man in solcher Schönheit, Intaktheit und Vollkommenheit bei Eiben in Deutschland nicht oft zu sehen. Sie erinnert daher intensiv an die englischen Uralteiben, von denen etliche auch so ein schönes Outfit haben (allerdings mit oft 2-3mal so dicken Stämmen).

Und noch etwas ist hier sehr besonders und gleich beim ersten Besuch dieses Baumes aufgefallen: die „Lichtspiele“ der Sonne morgens und abends auf dem Stamm der Eibe. Das ist am besten ausgeprägt im Winter (weil die anderen Bäume des umgebenden Bestandes dann kahl sind) und bei tiefstehender Sonne (weil sie dann unter den Nachbarbäumen hindurch auf den Eibenstamm trifft). Und von jeder Stammseite und jedes Mal, wenn man kommt, ist es ein anderes Schauspiel – einfach phantastisch!

Bei Eiben kommt es so selten zur Ausrufung als NEB, da sie mit ihrem langsamen Wachstum doppelt so lange benötigen, um die erforderlichen 4 m Stammumfang zu erreichen wie bei Eichen oder Linden. Diese hat es auch noch nicht ganz geschafft, aber ist so kurz davor, dass man etwas aufrunden darf.

Nicht weit von der Eibe im Klosterpark befindet sich nordwestlich angrenzend zum Sportplatz eine alte germanische Thingstätte, heute als Heiligtum bezeichnet: von einem 60 cm hohen Wall umgeben mit einer Eiche im Zentrum und rundherum 12 Linden – sehr beeindruckend und hervorragend zur Eibe passend.

NEB #36: Burkhartlinde,  Juni, Überlingen, Baden-Württemberg

Der Aussichtspunkt beim Haldenhof ist ein Highlight am Bodensee: man hat von hier (ebenso die Linde!) einen phantastischen Ausblick von 300 m oberhalb des Wasserspiegels über den Bodensee weit nach Südosten mit einem atemberaubenden Alpenpanorama als Kulisse am Horizont – wenn das Wetter mitspielt. Die imposante Sommer-Linde an der Kante zum Steilhang hat viel mitgemacht, wie man ihm ansieht: vor über 100 Jahren ist ein zweiter großer Stammteil weggebrochen und seitdem der Stamm offen, so dass der verbliebene Baumteil sehr schräg „in den Hang gekrallt“ sein Weiterleben meistern musste. Typisch Linde hat er das geschafft!

Wir trauen diesem beeindruckenden Lindenveteran zu, dass er noch etliche weitere Jahrhunderte durchhält. Das hängt aber entscheidend davon ab, ob es uns gelingen kann, ihn vor Beschädigungen durch unachtsame Besucher und Baumliebhaber zu schützen. Dafür wurde mit unserer Unterstützung neu eine deutliche Zaunkonstruktion aus Holz um den Baum errichtet, um möglichst viele Menschen am Laufen über die Baumwurzeln um den Baum sowie vor allem Kinder am Klettern in und auf den Baum zu hindern.

Für die Betreiberfamilie des Gasthofes beim Baum ist die Burkhartlinde ein kostbares Familienmitglied: sie achten ihn sehr, sind begeistert von der jetzt erfolgten Ehrung und Einfriedung und haben großes Interesse, ihn möglichst lange zu erhalten.

NEB #37: Zirbe’Miss Cembra‘, Juni, Schachen bei Zugspitze/Garmisch-Partenkirchen, Bayern

Wer in Zirben „baden“ möchte, sollte einen Aufstieg zum Schachen planen: auf riesiger Fläche ist dort alles voller Zirben, eine schöner als die andere. Dies ist wohl der bedeutendste Zirbenbestand in Deutschland. Nur wenige 100 m von der Grenze zu Österreich entfernt und unfassbar eindrucksvoll und malerisch vor der etwa 500 m hohen, fast senkrechten Wettersteingebirgs-Felsnordwand befindet sich dort der Botanische Alpengarten am Schachen. Und in unmittelbarer und weiterer Umgebung in dieser Höhenlage mit knapp 2000 m scheint einer der ganz wenigen Lieblingsorte von Zirben in Deutschland zu sein.

Die ausgewählte Zirbe steht im Alpengarten stellvertretend für all die vielen alten Zirben im Freiland in der Umgebung, denn dort oben wachsen sogar etliche Zirben mit über 4 m Stammumfang und einem Alter von über 400 Jahren auf den Bergwiesen. Aber die Natur ist dort zu sensibel, um diese Champions mit genauer Position bekannt zu machen. Somit wird nun hiermit auch der Alpengarten des Botanischen Gartens München-Nymphenburg gewürdigt. Dorthin ist es ein etwa vierstündiger Fußmarsch bergauf (etwa 1000 m Höhenunterschied), man wird ihn aber nicht bereuen.

Nur dort oben wachsen in Deutschland so viele besonders attraktive Zirben dicht beieinander auf den Bergwiesen, dass man sich daran sattsehen kann und – wie wir es gemacht haben – das Spielchen betreiben: „Wer ist die schönste [Zirbe] im ganzen Land?“ Miss Zirbe im Alpengarten steht bereit und wartet auf Besuch…

 NEB #38: Reformationslinde, Juli, Steinbergkirche, Schleswig-Holstein

Das war eine sehr bewegende und abwechslungsreiche Ausrufungszeremonie: sie begann mit einem „baumangepassten“ Gottesdienst in der St. Martin-Kirche (direkt neben der Reformationslinde), wobei die Kirche sehr gut gefüllt war. Als Einstimmung machte der Steinbergkirche-Gospelchor richtig Stimmung. Der Probst der Kirchgemeinde hielt anschließend eine phänomenale Predigt über einen Vergleich von Bäumen mit Menschen, ging dabei auch auf Sprache, Gefühle, Glücklichsein, Einfühlungsvermögen sowie etliche höchst aktuelle Themen ein und gab seiner Einschätzung Ausdruck, dass wir von Bäumen sehr viel lernen können.

Am Baum spielte der starke Bläserchor mit fast 20 Mitgliedern, bevor uns der Bürgermeister begrüßte, der täglich an der Linde vorbeikommt und sie immer bewundert – nun noch viel mehr. Auch der Leiter der Unteren Naturschutzbehörde drückte seine Begeisterung für die Nationalerbebaum-Initiative aus und wie sehr es den Landkreis freut, dass er nun Unterstützung bei seinen Aufgaben von uns bekommt.

Dann gab es noch bei schon wieder wunderbarstem Wetter (nun zum 8. Mal nacheinander in dieser Saison!) viel zur Linde zu erzählen: zu ihrer Lebensgeschichte und den Besonderheiten ihrer aufregenden „Körpersprache“. Da währenddessen deutlich zu merken war, dass dies die etwa 120 Anwesenden sehr interessierte, wurde es dazu auch etwas länger und alles zusammen mit abschließender Tafelenthüllung und Bläsermusik dauerte über 1,5 Stunden. Aber alle Beteiligten waren ergriffen und sehr zufrieden, ja wirkten regelrecht glücklich über diese Feier, und es gab dann beim gemütlichen Beisammensein mit Fingerfood und lokalen Getränken noch sehr schöne Gespräche und interessante weitere Infos zum Baum von Einwohnern, z.B. wer sich in der Linde zum ersten Mal geküsst hatte (vor z.T. 45 Jahren) – herrlich!

NEB #39: Tanzlinde, August, Effeltrich, Bayern

Nun hat es sogar auch einmal mit einer Tanzlinde als NEB geklappt, was sehr besonders ist. Die meisten heute noch existierenden solcher ungewöhnlich geformten Sommer-Linden erreichen nicht den notwendigen Mindest-Stammumfang von über 4 Metern. Zudem ist der Einbau einer Tanzplattform in die Krone oft sehr problematisch, weshalb sie damit nicht besonders alt werden. Wir haben daher ein Exemplar ohne eine solche Konstruktion gewählt, sondern wo früher häufiger nur unter der Krone getanzt wurde. Weil das aber den Boden stark verdichtet, ist es gut, dass unter diesem Exemplar heute nur noch selten getanzt wird, hingegen häufiger Treffen und Feiern stattfinden.

Die Kronenform dieser Linde ist sehr außergewöhnlich, denn sie wurde seit Jahrhunderten niedrig gehalten und hat sich dadurch sehr ausgeprägt in die Breite entwickelt. Früher nutzte man hier dabei den Bast ihrer Zweige für gärtnerische Zwecke – also ein kulturell besonders spannender uralter Baum!

Die ausgewählte Tanzlinde erhält seit Jahrhunderten eine enorme Wertschätzung wegen ihrer kulturellen Bedeutung und ihrer sehr intakten geleiteten Krone. Geleitet nennt man dies deshalb, weil die Hauptäste seit langer Zeit auf einer Stützkonstruktion waagerecht weit nach außen gelenkt werden. Der auffallend flache, niedrige Habitus dieser Linde wird durch zweijährigen behutsamen Rückschnitt aller immer wieder nach oben treibenden Zweige erhalten. So ist die Maßnahme mit relativ wenig Aufwand verbunden und führt zu keiner nennenswerten Schädigung des Baumes.

NEB #40: Dicke Linde, Sept., Schmorsdorf, Sachsen

Das war eine schöne Veranstaltung zum Herbstauftakt bei der 40. Ausrufung von Nationalerbe-Bäumen in ganz Deutschland: die Sommer-Linde schon mit vielen gelben Blättern, die Baumumgebung vielfältig bunt und fröhliche, stolze Einwohner von Dorf, Gemeinde und Landkreis sowie weiter angereiste Gäste zahlreich versammelt.

Mit lindenpräparierter musikalischer Begleitband gab es die Begrüßung durch den Bürgermeister sowie Grußworte vom Leiter des Kreis-Umweltamtes und des Leiters vom örtlichen Heimatverein. Dann war Spannendes zur Linden-Körpersprache zu hören: was sie schon erlebt hat, wie und wo sie etwas repariert hat, was überwachsen oder abgeworfen wurde und ein großer Aststummel in Kopfform am Stamm beeindruckt alle sehr. Das zuvor seit langem hohle Stamminnere wächst inzwischen durch erstarkende Innenwurzeln merklich zu, man kann aber noch hindurchgehen im Stamm mit Ein- und Ausgang.

Wir erlebten eine bewundernswert intakte Dorfgemeinschaft und engagierte Gemeindeverwaltung, die alles kreativ vorbereitet hatte mit Zelten, Parkplätzen, Bestellung einer Musikband und die anschließende Bewirtung selbst umsetzte mit Fingerfood und Gegrilltem – einfach perfekt und unser Riesendank! Dies war sicher einer der Höhepunkte im Leben der 34 Einwohner-Dorfgemeinschaft und alle waren und sind nun in bester Stimmung und so stolz, was für eine kostbare älteste Mitbewohnerin sie im Dorf mit unter sich haben.

Der rührende Heimatverein kümmert sich beeindruckend und täglich um das Umfeld der Linde und auch um das niedliche Lindenmuseum. Es wurde ir berichtet, dass etliche Bewohner täglich zur Linde, gehen, u.a. da man sich in ihr etwas wünschen darf – aber nur zweimal pro Jahr und man darf es niemandem erzählen! Das scheint gut zu klappen, so glücklich wie dort alle wirken. 

NEB #41: Weinkellerlinde, Okt., Schlieben, Brandenburg

Das war nun auch wieder etwas richtig Besonderes: Weinkellerfest in Schlieben wie dort jedes Jahr am Feiertag 3. Oktober und diesmal gekoppelt mit der Ausrufung dieser Winter-Linde. Viele Gäste fragten vorher, was das denn für ein Baum sei und warum so besonders, sie hatten ihn noch nie wahrgenommen. Es war uns auch schon aufgefallen, dass die Winter-Linde selbst vor Ort kaum bekannt war. Dies hat sich nun aber geändert, denn es waren über 400 Beteiligte und Gäste dort, als die Ausrufung stattfand – unglaublich! Und die haben gespannt zugehört, was es Interessantes zu diesem Baum zu erzählen gibt. Sie waren dann auch alle sichtlich zufrieden hinterher und stolz, dass dieser Baum bei ihnen im Ort steht und nun solche Anerkennung deutschlandweit von ganz oben erfährt.

Die örtlichen Kita-Kinder sangen ein Herbstlied zur Tafelenthüllung, was sehr gut ankam. Und die Schliebener Moie (entspricht einer Weinprinzessin) hat in ihrer Amtstracht zusammen mit der Bürgermeisterin die Tafel enthüllt. Das war diesmal etwas ungewohnt, da die Tafel dort an der Mauer in der Böschung vorm Baum befestigt ist, ohne Ständer.

Dies alles fand auf dem engen Sträßchen statt, was über den Weinberg führt: dort wo sich am Ende des Hohlweg-Abschnittes das Gelände etwas öffnet und entlang der Straßenränder Platz ist für Buden, Sitzbänke, Ausschank und Musiker. Ein Teil der Weinkeller war geöffnet und man kam ins Staunen, wie weit sie in den Berg hineinführen. Wer hat das bloß alles rausgeschaufelt damals vor 500 Jahren? Dies ist nur deshalb überhaupt möglich gewesen, weil es sich um einen massiven Lössberg handelt.

Es war eine traumhafte Stimmung bei allen Beteiligten, ein richtig großes Volksfest und wohl der Höhepunkt des Jahres zum Herbstfinale dort. Sehr beindruckend ist, was so „auf dem Lande“ auf die Beine gestellt werden kann, wenn alle mitmachen.

NEB #42: Bucher Eiche, Okt., Kastellaun, Rheinland-Pfalz

Wie schön: nun auch mal wieder eine Eiche, noch dazu an und über einer Straßenkreuzung. Die Hauptstraße der Gemeinde ist allerdings nur wenig und langsam befahren, daher ist dies kein dramatisches Ambiente. Aber die Eicheln fallen auch auf die Straße, es war alles voll davon zur Ausrufung unter der großen Krone. Das verlockt zum Mitnehmen, was ausdrücklich erlaubt, ja sogar gewollt ist. Denn so verbreitet sich diese Stiel-Eiche über ganz Deutschland, wenn die Eicheln fern vom Hunsrück zur Keimung kommen (z.B. bei Dresden). Nachkömmlinge der Bucher Eiche wachsen auch in etlichen Gärten von Bucher Gemeinde-Mitgliedern.

Zur Begrüßung auf der Ausrufungs-Zeremonie machte der sehr engagierte Ortsbürgermeister emotional das Besondere dieser Eiche für die Gemeinde deutlich, z.B. dass sie für das örtliche Heimatgefühl entscheidend ist und als Symbol für die Wertschätzung der Natur im Landkreis eine große Bedeutung hat. Da der Verbandsbürgermeister forstpolitisch deutschlandweit sehr gut vernetzt und aktiv ist, gab es in seinem Grußwort Interessantes zur wichtigen forstlichen Rolle von Eichen in den Wäldern zu erzählen. Und der Landrat stellte in seinem Grußwort heraus, dass es wohl eine der ältesten Eichen von Rheinland-Pfalz ist und sie alle im Landkreis enorm stolz auf diesen Baumveteran sind.

Zur Forstsetzung der Feier ging es – von vornherein so geplant – ins nahe Gemeindehaus mit einem Gemeindefest im Warmen und Trockenen, während es draußen anfing zu regnen. So war auch das leckere hand-made Catering optimal umrahmt und konnte wie das gemütliche Plaudern entspannt genossen werden. Für ordentlich Stimmung sorgten dabei besonders die Showgirls des Bucher Sportvereins mit ihrer fulminanten See- und Fischer-Show auf der Bühne, die große Freude machte

NEB #43: Dicke Ess-Kastanie, Okt., Aachen, Nordrhein-Westfalen

Zur Ausrufung der Dicken Ess-Kastanie in Aachen konnten nur max. 50 geladene Gäste zugelassen werden, da es am Baum zu wenig Platz gibt und ein Schutzgebiet ist, in dem der Baum steht. Das wurde auch problemlos akzeptiert und dadurch gab es eine wunderbar familiäre Atmosphäre: man kam mit jeder und jedem ins Gespräch und nach den offiziellen Reden konnten wir alle gemeinsam zum Baum gehen, die kleinsten Teilnehmer auch in den Baum. Denn der hat eine Öffnung am Stammfuß, die kleinere Kinder problemlos als Eingang nutzen können, wohingegen Erwachsene nur auf dem Boden kriechend hineinkommen. Im Stamminneren sieht es etwas gruselig aus, da alles schwarz ist von einem Feuer, als der Baum vor Jahren nach Blitzeinschlag im Stamminneren bis hoch in die Krone gebrannt hat und die Flammen durch den Kamineffekt sogar oben aus der Stammspitze schlugen.

Die Oberbürgermeisterin der Stadt Aachen eröffnete die Feier und drückte emotional ihre sehr positive Beziehung zu Bäumen aus, ganz besonders zu Ess-Kastanien – und dieser Baum war bis vor kurzem nur wenigen Insidern bekannt und auch nicht zugänglich. Dies hat sich nun geändert: tatsächlich wurde 2 Tage vor der Ausrufung wie geplant ein neuer immer offener Weg zum Baum angelegt und fertiggestellt, zuvor war der Baum nicht zu finden. Der neue Weg ist vollständig bis zum Baum eingezäunt, da zeitweise auf der Wiese Schafe weiden und nachts im Baum schlafen.

Bei den Erläuterungen in der Laudatio zum Baum wurden reife, roh essbare Riesenmaronen von einem Baum in der Nähe verteilt. Anschließend beim Rundgang um den Baum und am Stamm kamen viele detaillierte Fragen und Interesse-Bekundungen zur Baumbiologie zur Sprache, und es gab angeregte Diskussionen über seinen Zustand. Den schätzen wir zwar als eindrucksvoll wegen all seiner „Macken“ ein, beurteilen ihn aber als entspannt altersentsprechend gut – wir geben ihm noch mehrere Jahrhunderte weiterer Lebenserwartung.

Das anschließende gemütliche Beisammensein mit Bewirtung fand am benachbarten Sportlerheim statt, mit liebevoll hergestelltem höchstwertigen Fingerfood und regionalen Getränken für jeden Geschmack – danke!

Allgemeines zum Projektstand

Im Jahr 2024 sind 13 neue Nationalerbe-Bäume (NEB) ausgerufen worden, das hat es zuvor noch nicht annähernd gegeben und kommt durch die immer bessere Routine und ganzjährige Vorbereitung zustande. Nach Vorauswahl der Kandidaten für das Folgejahr bereits im Herbst zuvor werden in den dafür ausgewählten Regionen Deutschlands die Bäume zunächst ohne Kenntnis und Information der Baum-eigentümer auf-, unter- und ausgesucht, so dass dann ab Januar die Gespräche mit den betroffenen Baumeigentümern beginnen können. Danach starten die ersten Ausrufungen im April oder sogar schon im März, und so wird im Juli 2025 auch der „Meilenstein“ 50. Baum erreicht sein – wenn alles so klappt wie geplant.

Übersichtstabelle zu allen bisherigen Nationalerbe-Bäumen (Stand Dezember 2024)
Nr.AusrufungTrivialnamewissenschaftlicher Namegeschätztes AlterUmfang in ca. 1,30 m Höhe [cm]EigentümerOrt, Bundesland
#012019Sommer-LindeTilia platyphyllos70017,7GemeindeHeede, Niedersachsen
#022019GinkgoGinkgo biloba2105,2Verein e.V.Riesa, Sachsen
#032019EibeTaxus baccata7004,01KircheFlintbek, Schleswig-Holstein
#042020Stiel-EicheQuercus robur6009,7privatNagel/Küps, Bayern
#052020Sommer-LindeTilia platyphyllos6007,95GemeindeHochmössingen, Baden-Württ.
#062020Berg-AhornAcer pseudoplatanus2705,6StadtHamburg
#072020Flatter-UlmeUlmus laevis45010,1KircheGülitz, Brandenburg (Ausrufg. 2022)
#082021Winter-LindeTilia cordata8009,85GemeindeGroßpörthen, Sachsen-Anh.
#092021Stiel-EicheQuercus robur6006,1ForstBerlin
#102021Eur. LärcheLarix europaea2404,75Land (Park)Kassel, Hessen
#112021Ess-KastanieCastanea sativa4007,75privat/GemeindeRheinland-Pfalz
#122021Stiel-EicheQuercus robur90012,5Kirche/GemeindeRaesfeld-Erle, Nordrhein-Westf.
#132022RiesenmammutbaumSequoiadendron giganteum1607,3StadtBremen
#142022Sommer-LindeTilia platyphyllos5009,95GemeindeVogtei, Thüringen
#152022Sommer-LindeTilia platyphyllos80014,4KirchePolchow, Mecklenburg-Vorp.
#162022Stiel-EicheQuercus robur6506,5privatSt. Gangolf, Saarland
#172022Trauben-EicheQuercus petraea3605,05ForstRoth/Our, Rheinl.-Pf.
#182022Sommer-LindeTilia platyphyllos75010,8BundRamsau, Bayern
#192022Stiel-EicheQuercus robur5504,3privatHarreshausen, Hessen
#202022Sommer-LindeTilia platyphyllos8007,1GemeindeEvessen, Niedersachsen
#212022Sommer-LindeTilia platyphyllos80011,05KircheCollm, Sachsen
#222023Stiel-EicheQuercus robur4506,75StadtMöckern, Sachsen-Anhalt
#232023Winter-LindeTilia cordata6007,20AmtChorin, Brandenburg
#242023Stiel-EicheQuercus robur60010,15AmtRöbel/Mütitz, Mecklenb.-Vorp.
#252023Ahornbl. PlatanePlatanus x hispanica2457,7UniversitätHohenheim, Baden-Württ.
#262023Weiß-TanneAbies alba6056,95NationalparkBayerischer Wald, Bayern
#272023Flatter-UlmeUlmus laevis5008,60privatBierde, NRW
#282023Europäische EibeTaxus baccata4054,85GemeindeThedinghausen, Nieders.
#292023Holländische LindeTilia x europaea8007,15KlosterIsenhagen, Niedersachsen
#302023Sommer-LindeTilia platyphyllos80014,15GemeindeWessobrunn, Bayern
#3112. AprilStiel-EicheQuercus robur6009,00GemeindeFrankfurt (Oder), Brandenbg.
#3220. AprilSommer-LindeTilia platyphyllos7509,40StadtHomberg (Ohm), Hessen
#3320. MaiEurop. EibeTaxus baccata5004,20privatLebach, Saarland
#3408. JuniEurop. LärcheLarix decidua2805,05StadtTrusetal, Thüringen
#3514. JuniEurop. EibeTaxus baccata4503,85StadtSchortens, Niedersachsen
#3627. JuniSommer-LindeTilia platyphyllos4508,25StadtÜberlingen, Baden-Württ.
#3728. JuniZirbePinus cembra2702,70Bot. Garten MünchenSchachen, Bayern
#3813. JuliSommer-LindeTilia platyphyllos5009,30GemeindeSteinbergkirche, Schl.-Holst.
#3910. Aug.Sommer-LindeTilia platyphyllos7008,05GemeindeEffeltrich, Bayern
#4027. Sept.Sommer-LindeTilia platyphyllos80011,25GemeindeSchmorsdorf, Sachsen
#413. Okt.Winter-LindeTilia cordata4258,25Amt/StadtSchlieben, Brandenburg
#4212. Okt.Stiel-EicheQuercus robur4007,05GemeindeBuch, Rheinland-Pfalz
#4325. Okt.Ess-KastanieCastanea sativa6008,05StadtAachen, Nordrhein-Westf.

Mittlerweile sind insgesamt 15 Baumarten einbezogen, darunter auch sehr seltene einheimische wie Zirbe im Hochgebirge, Weiß-Tanne im Mittelgebirge und Flatter-Ulmen im Tiefland mit einem Baumalter über 400 Jahren. Und auch einige nichtheimische Baumarten sind schon mit dabei: Ginkgo, Riesenmammutbaum und Ahornblättrige Platane, die hierzulande noch nicht über 400 Jahre alt sein können (da sie erst später hier angekommen sind), aber das Potenzial für deutlich über 500 Jahre Lebensalter haben.

Im Jahr 2024 kamen 9 Baumarten in 11 Bundesländern zur Ausrufung, was in Tabelle 1 dargestellt ist. Dabei fällt auf, dass Sommer-Linden am häufigsten darunter sind, was auch nachvollziehbar ihrem hohen Anteil unter den lebenden über 500-jährigen Bäumen in Deutschland entspricht. Die Anzahlen pro Bundesland richten sich strikt und damit für alle nachvollziehbar nach der Größe der Bundesländer, damit eine gleichmäßige Baumverteilung über Deutschland erreicht wird – was jetzt schon fast gegeben ist (s. Abb. 1). Dabei erhalten die kleinsten Bundesländer (Stadtstaaten und Saarland) einen kleinen Bonus von je einem zusätzlichen Baum, der bei den größten Bundesländern (Bayern, Niedersachsen, Baden-Württemberg, NRW) dafür abgezogen wird.

Damit sind es nun also 43 Nationalerbe-Bäume in Deutschland, die Ess-Kastanie in Aachen ist der westlichste „Vorposten“ geworden. Ebenfalls in diesem Jahr wurden auch der nördlichste (Linde bei Flensburg), der östlichste (Eiche in Frankfurt/Oder) und der südlichste „Vorposten“ (Zirbe bei der Zugspitze) ausgerufen. Somit sieht die Deutschlandkarte (Abb. 1) nun schon prächtig und zunehmend gut abgedeckt aus – das erfüllt uns mit großem Stolz!

Das Wetter hat in diesem Jahr bei allen(!) 13 Ausrufungen sein Bestes gegeben, was man kaum glauben kann – auch noch mit dem herbstlichen Höhepunkt in Aachen, eine phantastisch bunte Stimmung mit reifen Maronen, die während der Ausrufung von den Bäumen fielen.

Inzwischen schaut uns zunehmend auch das Ausland bewundernd zu und verfolgt ganz genau, was sich hierzulande zum Schutz und zur Wertschätzung alter Bäume entwickelt (z.B. Island, Polen, Niederlande). Ganz besonders erfreulich ist das bei den begeisterten Kommentaren aus England und China, denn diese Länder haben zur Entstehung unserer Nationalerbe-Bäume entscheidend beigetragen, da die Würdigung alter Bäume dort die Motivation für die Entstehung dieser NEB-Initiative vor 5 Jahren hierzulande war. Einige der interessierten Länder haben bereits geäußert, dass sie ähnliches beginnen wollen und dazu detaillierte Fragen gestellt.

Unser großer Dank gilt allen Beteiligten, insbesondere der Eva Mayr-Stihl Stiftung, der Dt. Dendrologischen Gesellschaft mit ihrem Kuratorium Nationalerbe-Bäume und dem Kassenwart, unserer Beauftragten für Social Media & Öffentlichkeitsarbeit, unserem Webmaster sowie dem Deutschen Baum-Institut, ohne die dieses Vorhaben nicht möglich wäre.

Die Ausrufungen 2024 (Bericht zuvor) waren wieder sehr bewegend und jeweils ein besonders schönes Ereignis, welches große Aufmerksamkeit der Fachwelt, Medien und örtlichen Bevölkerung sowie von überregionalen Bauminteressierten erhielt (www.nationalerbe-baeume.de). Die Teilnehmerzahl variierte 2024 von 50 (wegen Naturschutzareal und zu wenig Platz am Baum) bis über 500 an der Tanzlinde in Effeltrich (Bayern) und bei der Weinkellerlinde in Schlieben (Brandenburg) – diese beiden waren also richtig große Volksfeste, die auch ein entsprechendes Vorbereitungsengagement von den Verantwortlichen vor Ort erforderten und aufgrund der Teilnehmerzahl auch höhere Kosten verursachten.

Mit Erreichen des 43. Baumes sind wir nun beim „Bergfest“ für 86 Bäume als Ziel bis 2028 angekommen, ein großartiges Ergebnis der bisherigen Arbeit des Kuratoriums Nationalerbe-Bäume der DDG und der Förderung durch die Eva Mayr-Stihl Stiftung. Die Auswahl der Bäume richtete sich auch in diesem Jahr maßgeblich nach ihrer Region im Bundesland, damit bei Erreichen des 50. Baumes (geplant und bereits in Vorbereitung für Juli 2025) eine möglichst gleichmäßige Verteilung über Deutschland erreicht wird und es von keinem Baum weiter als 100 km Luftlinie entfernt zum nächsten ist. Das ist bis auf eine Ausnahme bereits jetzt erreicht. Ziel ist dann im kommenden Herbst 2025 ein Reisebuch zu den 50 Nationalerbe-Bäumen in ganz Deutschland herauszugeben, das bereits in Vorbereitung ist.

Das Buch zum Stand 30 Bäume in allen Bundesländern (Erscheinen Oktober 2023, Umfang 178 S.) ist bereits vergriffen mit einer Auflage von 1.500 Printexemplaren. Es wurde kostenfrei verteilt an die Baumeigentümer, Mitglieder des Kuratoriums, besondere Institutionen, Verbände und Persönlichkeiten, Interessierte bei Anfrage sowie auf Ausrufungen und Tagungen. Die kostenlose Online-Fassung des Buches (pdf) ist frei verfügbar zum Download von unserer Website und wurde über 2.500mal heruntergeladen. Das nächste Buch zu den dann 50 Nationalerbe-Bäumen wird über den Buchhandel Ende 2025 erhältlich sein.

Die Tafelerstellungen erfolgen weiterhin immer termingerecht in beeindruckender Qualität nach den speziellen Anforderungen und Vorgaben des Kuratoriums. Sie sind sehr repräsentativ und witterungs- sowie vandalismus-resistent, haben sich somit bewährt und werden mit sehr hoher Frequenz beachtet und gelesen, was man vielerorts am zertretenen Bodenzustand vor den Tafeln erkennt. Bisher ist kein Vandalismus aufgetreten, was in der heutigen Zeit bemerkenswert ist.

Die notwendigen und sinnvollen Sicherungs- und Baumpflege-Maßnahmen fallen je nach Baum sehr unterschiedlich aus: von „Baum ohne Probleme und Bedarf“ (z.B. die beiden Eiben in Lebach und Schortens, die Zirbe am Schachen und die Ess-Kastanie in Aachen) bis moderater Bedarf (4-stelliger Euro-Betrag erwartet für einige der Linden und Eichen). Die Baumarbeiten wurden noch nicht vollständig im Jahr 2024 abgeschlossen, da die Pflege- und Sicherungsmaßnahmen im zeitigen Frühjahr 2025 umgesetzt sollen, damit die Reaktionen der Bäume sofort anschließend in der warmen Jahreszeit erfolgen können.

Es wurden auch einige Nachkontrollen sowie Pflege- und Sicherungs-Maßnahmen an den bestehenden schon früher ausgerufenen Nationalerbe-Bäumen durchgeführt.

In diesem Jahr sind wiederum fünf etwa 600-800jährige Bäume hinzugekommen, die noch größere Teile ihres Ursprungstammes aufweisen (die Eiche Frankfurt/Oder, die Linde Homberg/Ohm, die beiden Linden Effeltrich und Schmorsdorf sowie die Ess-Kastanie Aachen). Dies ist etwas sehr Besonderes, da so alte Bäume sonst oft Wiederaustriebe von Vorgängerbäumen und dann entsprechend deutlich jünger sind.

Auch im Jahr 2024 wurden die Arbeiten für die Social Media fortgesetzt und intensiviert, um die Dt. Dendrologische Gesellschaft (DDG) öffentlich wirksamer bekannt zu machen. Dafür war die Beauftragte auf 4 NEB-Ausrufungen und 5 Baumtagungen mit einem DDG-Stand und Infomaterial vertreten. Sämtliche Flyer der DDG und der Nationalerbe-Bäume sind im neuen Layout verteilt worden, auch zu jedem neuen NEB wird immer für die Ausrufung ein extra Flyer erstellt und verteilt. Die Nationalerbe-Bäume wurden in Facebook und Instagram weiter bekanntgemacht und dort auch immer zeitnah der aktuelle Informationsstand zum Projekt präsentiert, der von den Mediennutzern interessiert zur Interaktion wahrgenommen wird.

Keiner der bis jetzt ausgewählten und mit Fachmaßnahmen gepflegten und gesicherten Nationalerbe-Bäume zeigt bisher Trocken- oder Sturmschäden, was ein großes Wunder ist. Als Erklärungen sind anzunehmen die genetische Ausstattung der Uraltbäume (da sie den gesamten Genpool aus ihren Jahrhunderten Lebensgeschichte gespeichert haben) sowie die große Ausdehnung ihrer Wurzelsysteme. In zwei Fällen (Linden Effeltrich und Steinbergkirche) wurden die Wurzeln über 35 m entfernt vom Stamm in benachbarten Grundstücken und Gebäuden gefunden.

Wir sind somit insgesamt sehr erfolgreich weiter vorangekommen mit dem Projekt Nationalerbe-Bäume und inzwischen also bei 43 Bäumen in allen Regionen Deutschlands angekommen! So besteht die Planung, auch 2025 die Anzahl der Bäume weiter in ähnlichem Umfang zu erhöhen (mit 12 neuen Kandidaten) und das Etappenziel 50 Bäume im Juli 2025 zu erreichen, was bereits vorbereitet wird.

Es wurden wieder einige allgemein für alte Bäume wichtige Publikationen veröffentlicht, die große Aufmerksamkeit erfahren und deutliche Wirkungen auf den Umgang mit alten Bäumen haben:

  • „Baumveteranen und zum Stand Nationalerbe-Bäume, Besonderheiten und Wirkungen der Baumalterung“ (in Dt. Dendrol. Ges.)
  • „Methusalembäume – Wie und warum können manche Baumarten 1000 Jahre alt werden?“ (im Jahrbuch der Baumpflege)
  • „Gefährdet durch überzogene Sicherheitserwartungen – Stand der Initiative Nationalerbe-Bäume“ (im Holz-Zentralblatt)
  • „Warum so viele Kappungen von Stadt- und Straßenbäumen?“ (In Allg. Forstztschr./Der Wald)

Sowohl die herkömmlichen Medien Fernsehen, Radio, Print-Presse als auch die Social Media reagieren auf das Vorhaben äußerst positiv. Etliche kommen selbst mit einem Redakteur zu den Ausrufungen und/oder berichten im Nachgang ausführlich über den Baum, die Ausrufung und den Hintergrund dieser Initiative. Unsere Projekt-Homepage www.nationalerbe-baeume.de wird weiter sehr gut frequentiert, inzwischen monatlich etwa 10.000 mal. Zudem haben die Medienanfragen nach Interviews, Kurz- und Langbeiträgen für Fernsehen/Radio, Nachrichten, Kommentaren, Statements, PodCasts etc. ihren hohen Stand gehalten. Es wird möglichst auf jede Anfrage eingegangen, sofern nicht Terminüberschneidungen dies verhindern, und erfordert einen erheblichen zeitlichen Bedarf.

Die Initiative Nationalerbe-Bäume wurde in diesem Jahr auch wieder auf der mit weit über 1000 Teilnehmer:innen größten europäischen Baumpflege-Tagung in Augsburg mit einem Vortrag vorgestellt und fand sehr großes Interesse. Zudem erfolgte dasselbe auf den Dresdner StadtBaumtagen sowie auf 5 weiteren Tagungen/Veranstaltungen und zuletzt am 22.11.2024 an der TU Chemnitz mit über 700 Teilnehmenden im Audimax der Uni.

Die beteiligten Baumeigentümer und Verantwortlichen (Gemeinde/Stadt/Landkreis/Bundesland/Bund, Kirche, Forst, Privatpersonen) fühlen sich durch die Auswahl und Ernennung ihres Baumes spürbar sehr wertgeschätzt und steigern ihr Engagement und die Aktivitäten für den Baum maßgeblich, z.B. auch durch touristische Vermarktung und Bekanntmachung. Bei den Baumeigentümern und in der Bevölkerung wird damit inzwischen ein deutlich gesteigertes Bewusstsein bewirkt für den biologischen, ökologischen und kulturellen Wert der alten Bäume und ihrer Besonderheiten.

Es fanden zwei Kuratoriumstreffen statt: in Präsenz am 27.7.2024 in Görlitz auf der DDG-Jahrestagung und am 7.11.2024 in einem Video-Meeting. Beim ersten Treffen wurde über anstehende aktuelle Fragen diskutiert, beim zweiten zum Rückblick 2024 und zu den Kandidaten für das kommende Jahr befunden – dabei bestand wieder die Möglichkeit, Wunschkandidaten zu nennen. Insgesamt enthält die Liste möglicher Kandidaten inzwischen fast 400 Bäume: es sind dafür bisher über 450 Meldungen eingegangen. Die Differenz beider Anzahlen entsteht durch Doppel- und Mehrfach-Meldungen sowie ungeeignete Bäume (z.B. nicht öffentlich zugänglich, Privatbäume mit zu hohen Erwartungen, ungeeignete Baumarten mit zu kurzer Lebensdauer, Bäume mit zu großen Problemen/in der Absterbephase oder Bäume mit anderer maßgeblicher Förderung/Marketing u.ä.).

Jede eingehende Baummeldung wird persönlich beantwortet, mit Dank und meist weiteren Fragen zum Baum, Mitteilung über das weitere Vorgehen, Einschätzung der grundsätzlichen Eignung und ggf. Aufnahme in die Liste möglicher Kandidaten. Alleine dies hat oft schon einen gewissen Schutzeffekt, da diese Bäume damit als Nationalerbe-Bäume in Frage kommen und die Eigentümer/Verantwortlichen davon immer schon zutiefst beeindruckt sind.

Eine weiterhin sehr wertvolle „Nebenwirkung“ der NEB-Aktivitäten für mich selbst ist, dass ich immer besser die alten Bäume in Deutschland kennenlerne sowie auch in beeindruckender Weise die Mentalitäten der Menschen in den 16 Bundesländern und jeweils verschiedensten Regionen – und sogar deren regionale und lokale Besonderheiten, da ja bisher für 43 Ausrufungen schon 43 Feiern/Zeremonien mit den Verantwortlichen vor Ort organisiert wurden. Das hat weiterhin immer bestens geklappt, wenn es auch oft nicht stressfrei war/ist und durchaus nicht selten Probleme vorab zu lösen waren.

Es liegt nun bereits eine Vorauswahl von 8 Bäumen für 2025 vor, einer davon schon mit Vertrag (Libanon-Zeder in Weinheim), und auch mit wieder einigen neuen interessanten langlebigen Baumarten.

Weiterhin beeindruckend ist die kulturhistorische Bewertung aller 43 Nationalerbe-Bäume, mit dem überwältigenden Ergebnis, dass alle diese alten Bäume eine solche erhebliche Bedeutung haben.

Insgesamt ist der nun erreichte Stand mit 43 ausgerufenen Bäumen sehr beachtlich, hat eine große Wirkung auf die Wahrnehmung, Würdigung und Wertschätzung alter Bäume und erhöht maßgeblich die Bemühungen um ihren Erhalt. Dies strahlt weit über nur die ausgerufenen Bäume aus.

Die Deutsche Dendrologische Gesellschaft und das Deutsche Baum-Institut haben sich im Jahr 2024 nennenswert finanziell mit am Projekt beteiligt. Die Technische Universität Dresden hat wieder auf ihrer Eröffnungsseite zum Stand der Initiative Nationalerbe-Bäume berichtet und bundesweite Pressemitteilungen zu aktuellen Neuigkeiten herausgegeben.

Noch viel mehr Informationen zum Projektstand und über 1000 Bilder sowie einige Videos finden sich auf der Homepage www.nationalerbe-baeume.de.

Insgesamt tragen die Ausrufungen der Nationalerbe-Bäume und die Aktivitäten über herkömmliche Medien (Print, Internet, Fernsehen und Rundfunk) sowie Social Media auch maßgeblich zu einem Anstieg neuer und jüngerer Mitglieder in der DDG bei. Nunmehr seit 3 Jahren gibt es einen nennenswerten Netto-Mitgliederzuwachs.

Für die großartige Unterstützung dieser Aktivitäten 2024 möchten das Kuratorium und die DDG ihren großen und herzlichen Dank an die Eva Mayr-Stihl Stiftung aussprechen, sowie der Leiter des Kuratoriums (Unterzeichner) an die DDG und die Kuratoriumsmitglieder – ein hervorragendes, weiterhin sehr engagiertes und hochmotiviertes Team sowie die Social Media-Beauftragte und den Webmaster für all ihr Engagement!

Prof. Dr. Andreas Roloff, Leiter Kuratorium Nationalerbe-Bäume
Seniorprofessur für Baumbiologie sowie Leiter des Deutschen Baum-Institutes an der TU Dresden


Den Jahresbericht 2024 im .pdf-Format können Sie hier herunterladen.