Riesenmammutbaum (Riensberger Friedhof, Bremen)
Baumart | Riesenmammutbaum (Sequoiadendron giganteum) |
Standort: | Freie Hansestadt Bremen, Stadtteil Schwachhausen auf dem Riensberger Friedhof (südliches Ende am Rand, etwa 100 m vom Haupteingang an der Friedhofstraße ostwärts oder vom Eingang gegenüber Haus Riensberger Str. 53, dann 50 m links) |
Alter: | 155-160 Jahre (zur Friedhofseröffnung 1875 gepflanzt) |
Stammumfang: | 7,30 m (gemessen 12.2021 in 1,3 m Höhe) |
Höhe: | ca. 33 m |
GPS-Daten: | N 53.091580, O 8.860034 |
NEB seit: | 10. Februar 2022 (Bericht & Fotos) |
Mammutbäume werden schon dem Namen nach offensichtlich ziemlich groß, zumindest in höherem Alter. Allerdings muss man dann zuerst genauer benennen, welcher der 3 Mammutbäume gemeint ist: Küsten-, Riesen- oder Urweltmammutbaum. Die ersten beiden stammen aus dem westlichen Nordamerika (Kalifornien, USA) und sind immergrün, der dritte kommt aus China und ist sommergrün, wirft also im Herbst mit Färbung seine Nadeln bzw. Kurztriebe ab. Am eindrucksvollsten von den dreien ist sicher der hier gemeinte Riesenmammutbaum, da er schon in relativ frühem Alter (ab etwa 20 Jahren) einen auffallend starken Stammfuß entwickelt, der schnell dicker als bei vielen anderen Bäumen wird. So ist auch dieser Mammutbaum bereits in seinem noch „jugendlichen“ Alter der dickste Baum von Bremen und Naturdenkmal.
Friedhöfe sind oft Oasen der Ruhe und Besinnung und können einen beeindruckenden Baumbestand aufweisen, wenn sie älter werden. Das ist auch auf dem Riensberger Friedhof in Bremen mit seinen vielen alten Bäumen und mit etlichen weiteren Baumbesonderheiten der Fall. So werden neben Führungen zu bedeutenden Grabstätten auf diesem Friedhof auch Führungen zur Artenvielfalt angeboten, vor allem zur Vogelwelt und zu den Bäumen. Hier hat sich ein bedeutender Hotspot der Biodiversität entwickelt! Zudem ist die Nährstoffversorgung und Standortqualität auf Friedhöfen „naturgemäß“ ziemlich gut, so dass die Bäume i.d.R. gesund sind und kaum Vitalitätsverluste zeigen.
An diesem besonders schön gewachsenen Mammutbaum imponiert neben seiner Ästhetik die sattgrüne Farbe der Nadeln an seinen Zweigen, die fast bis zum Boden reichen. Die umliegenden Gräber sind besonders ansprechend und bilden ein harmonisches Ensemble mit diesem Baum, weshalb ich die gesamte Situation und Stimmung dort einfach perfekt finde und es mir ein idealer Ruheort unter diesem Baum erscheint. Im Wurzelbereich und direkten Umfeld des Baumes sind einige Grabplatten aus jüngerer Zeit (z.B. von 1978) in den Boden eingelassen.
Dieser Friedhof ist städtisch und unterliegt daher der Verantwortung vom Umweltbetrieb Bremen, der als städtischer Eigenbetrieb auch für viele weitere Grünflächen sowie Stadt- und Straßenbäume in der Stadt verantwortlich ist. Bremen ist eine vergleichsweise sehr grüne Stadt mit relativ altem Baumbestand und bedeutenden Parkanlagen – besonders bekannt ist der mitten in der Stadt befindliche Bremer Bürgerpark, der von einem privaten Verein gemanagt wird. So gibt es hier eine große Anzahl von Baumprofis, die sehr verantwortungsvoll und weitsichtig mit dem Bremer Stadtgrün umgehen. Dies ist im Hinblick auf Klimaanpassung von Städten ja eine der effizientesten und schnellsten Managementmöglichkeiten für Kühlung und Lebensqualität, auch in anderer Hinsicht ist Bremen da weit voraus, z.B. auch in Sachen Verkehrspolitik.
Zur Eröffnung des Friedhofes 1875 wurde in der Nähe des damaligen Haupteinganges der heutige Mammutbaum gepflanzt, der somit 155-160 Jahre alt sein dürfte (je nach Baumalter bei der Pflanzung). Er wurde an diese besondere Grabstelle gesetzt, die eine bis zu 3 m tiefe Gruft und rund um den Mammutbaum weitere jüngere Gräber aufweist. Der Boden des Friedhofareals ist damals großflächig etwa 2 m aufgeschüttet worden, um aus dem Überflutungsbereich des Flüsschens Kleine Wümme herauszukommen – denn Überflutungen auf Friedhöfen sind ja sehr problematisch…
Der Baum wurde vor 10 Jahren um etwa 5 m eingekürzt, um seine Windangriffsfläche deutlich zu reduzieren, da er alle umgebenden Bäume des Friedhofs deutlich überragt hat und eine markanten Schiefstand aufweist. Dies ist von Fachleuten überprüft worden und derzeit kein kritisches Thema auch aufgrund seiner Stammdimension und tiefreichenden Wurzeln.
Besonders schön ist dieser Mammutbaum im Winterhalbjahr, wenn die dicht rundherum stehenden Laubbäume kahl sind und die späte Vormittags- oder frühe Nachmittagssonne die Oberkrone bescheint. Die Borke ist bereits sehr dick und im übrigen schwer entflammbar, was am Naturstandort in Nordamerika ein effektiver Schutz gegen Bodenfeuer ist.
Riesenmammutbäume können bis zu 3000 Jahre alt werden. Viele kennen sicher die Fotos solcher Bäume aus Kalifornien mit einem Stammfuß, durch den ein Auto fährt. Diese Zeiten sind allerdings vorbei, denn das ist heutzutage nicht mehr erlaubt. Sie zählen zwar zu den größten Bäumen der Welt, halten diesbezüglich aber nicht den Rekord, sondern der Küstenmammutbaum (Sequoia sempervirens) mit 115 m. Aber das Stammvolumen der Riesenmammutbäume ist mit bis zu 1500 m3 unübertroffen. Ihre maximale Höhe beträgt in der Heimat 95 m, der Stammumfang bis zu 33 m (‚General Sherman‘ im Sequoia-Nationalpark Kalifornien). Ihr Heimatareal ist relativ klein und befindet sich im Gebirge Kaliforniens an den Westhängen der Sierra Nevada zwischen 1500 und 2500 m Höhe ü. NN, etwa 300 km nördlich von Los Angeles und 350 km südöstlich von San Francisco. Der Riesenmammutbaum wurde dort erst 1841 entdeckt.
Dieser Bremer Mammutbaum hat also hoffentlich noch eine lange und spannende Zukunft vor sich: Der tiefste Ast des genannten General Sherman-Champions in Kalifornien befindet sich 40 m über dem Boden und ist mit 2,10 m Durchmesser so dick und mit 43 m Länge so lang wie von vielen unserer Baumarten der stärkste Baum des Landes! Vor den Eiszeiten wuchsen Mammutbäume auch in Mitteleuropa, man findet die Vorfahren bis heute verkieselt in Kohle-Tagebauen. Es war eine Sensation, als 1853 das erste Exemplar der Baumart in Europa eintraf und eine Mammutbaum-Euphorie auslöste: er durfte in keinem Park mehr fehlen. Die ältesten Exemplare in Europa sind jetzt also fast 170 Jahre alt, dieses Exemplar ist mit seinen 160 Jahren nah dran.
Beim Verpflanzen selbst jüngerer Exemplare dieser Baumart sollte man sehr vorsichtig sein, das nehmen sie sonst übel und kümmern dann oder gehen sogar ein. Mit viel Aufwand (Handschachtung), einem großen Bodenvolumen und Einhaltung der Himmelsrichtung der Krone (damit es keinen Sonnenbrand der zuvor nach Norden ausgerichteten Nadeln gibt, wenn sie plötzlich südlich der prallen Sonne ausgesetzt sind) gibt es trotzdem erfolgreiche Beispiele. Die sehr winzigen Samen sind am Naturstandort zur Keimung auf Bodenfeuer angewiesen, da die Keimlinge dort sonst in der Krautschicht keine Chance haben. Es gibt nur die eine Art dieser Gattung, das ist bei den anderen beiden Mammutbäumen genauso.
In Nordamerika gibt es Baumkletterer, die auch in den höchsten Uraltbäumen bis fast zum Wipfel klettern. Und beim Küstenmammutbaum hat es die Amerikanerin Julia Hill geschafft, durch Besetzung eines Baumes und Ausharren 2 Jahre lang in 60 m Höhe deren Abholzung zu verhindern. Wer dazu mehr erfahren möchte, sollte das Buch darüber lesen (Julia Hill: Die Botschaft der Baumfrau 2002), eine sehr spannende und fast unglaubliche Geschichte – eine Kurzfassung steht auf Wikipedia.
Pflege- und Sicherungsmaßnahmen am Baum sind schon bisher vorbildlich erfolgt. Wir möchten diesen sehr besonderen Riesenmammutbaum auf dem Weg in seine lange Zukunft fördern und daher den Umweltbetrieb Bremen bei seinem Engagement für den Baum mit Sondermitteln und fachlicher Beratung unterstützen.
Text: Andreas Roloff, TU Dresden
Der Mammutbaum Bremen in den Medien (externe Links):