Königseiche (im Kammerwald bei Roth an der Our, Rheinland-Pfalz)

Königseiche: prächtiger, 38m hoher Solitär im Wald mit riesiger Krone (Foto: E. JABLONSKI)
BaumartTrauben-Eiche (Quercus petraea)
Standort:bei Schloss Roth in Roth an der Our (Lkr. Eifelkreis Bitburg-Prüm, Rheinland-Pfalz), ca. 2 km nördlich des Parkplatzes an der Johanniterstraße vor Abzweig von der B 50 unmittelbar vor der luxemburgischen Grenze, an einem Waldweg
Alter:ca. 360 Jahre (geschätzt)
Stammumfang:5,05 m in 1,3 m Stammhöhe (gemessen März 2022)
Höhe:ca. 38 m (gemessen)
GPS-Daten: N 49. 939017, O 6.229221
NEB seit:25. Juni 2022 (Bericht & Fotos)

Nur wenige Meter von der luxemburgischen Grenze entfernt steht die stärkste Eiche der südwestlichen Eifel, die Königseiche. Königlich sieht sie tatsächlich aus, denn sie reckt sich einstämmig etwa 38 m in die Höhe. Sie überragt damit die benachbarten Bäume, starke Douglasien, Buchen und Eichen, um einige Meter. Um sie zu schützen, wurde vor vielen Jahren ein Blitzableiter an den Stamm montiert. Bemerkenswert ist, dass es sich um eine Trauben-Eiche (Quercus petraea) handelt, von der nur wenige so starke Exemplare in Deutschland bekannt sind.

Die Königseiche wird im Moselfränkischen, der Sprache Luxemburgs und Teilen der Südwesteifel, „Moaderkoos“ genannt – Moader bedeutet Mutter, Koos ist der alte keltische Name für Eiche, der auch heute noch hier und da gebräuchlich ist und sich in einigen Ortsnamen auf beiden Seiten der Grenze wiederfindet. Sie steht nur wenige Meter von luxemburgischem Gebiet entfernt im Staatsforst Kammerwald. Die Eiche hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich – gekeimt um 1650, wuchs sie noch in den Spanischen Niederlanden auf. Bald wurde das Gebiet Frankreich zugeschlagen, um kurz darauf den Österreichischen Niederlanden anzugehören. Von 1795 bis 1814 schließlich herrschte Napoleon, der Kammerwald wurde Bestandteil des Département des Forêts. Erst der Wiener Kongress 1815 machte Luxemburg nominell zu einem selbstständigen Großherzogtum. Gleichzeitig wurden Teile der Eifel zu Preußen geschlagen; auch der Kammerwald gelangte unter preußische Herrschaft. Eine Sondersituation setze nach dem 2. Weltkrieg ein: Roth und der Kammerwald gelangten als Reparation wieder zu Luxemburg; erst 1959 wurde der Status aufgehoben, seitdem gehört das Gebiet zum Bundesland Rheinland-Pfalz. Diese wechselhafte Geschichte ist symptomatisch für die hiesigen Grenzgebiete – die Königseiche ist Zeugin dieser für uns kaum noch nachvollziehbaren Gebietswechsel. Fast wäre die Königseiche noch heute eine Luxemburgerin – denn die Bundesrepublik Deutschland hat das Gebiet des Kammerwaldes für 58,3 Millionen DM zurück gekauft. Eine damals wie heute stolze Summe, aber es waren Reparationszahlungen, die damit vergolten wurden.

In der Nähe der Königseiche stehen alte Douglasien. Sie sind um die 120 Jahre alt und weisen stolze Stammumfänge und Höhen aus. Der umgebende Wald ist jünger. Erst nach Rückkauf des Gebiets durch die Bundesrepublik wurden die stark zerschossenen alten Buchen- und Eichenbestände abgeholzt und vielfach mit Douglasien aufgeforstet, die nun um die 60 Jahre alt sind. An der unmittelbaren Grenze zu Luxemburg sind sehr viele alte Bunkeranlagen zu sehen – sie waren Teil des „Westwalls“, einer in den späten 1930er Jahren erbauten Verteidigungslinie von Bunkern, die im Abstand von wenigen Hundert Metern stehen. Nach Ende des II. Weltkriegs sind sie gesprengt worden, doch noch überall sichtbar.

Wer die Königseiche besuchen möchte, parkt sein Auto am besten in der Nähe des „Schlosses“ Roth auf der jenseitigen Straßenseite der B 50, unmittelbar vor der luxemburgischen Grenze. Das Schloss Roth war ab 1220 bis zur Auflösung des Ordens 1314 eine Komturei der Templer. Der Templerorden fungierte im Mittelalter als eine Art Sparkasse, in diesem Fall für die mächtigen Grafen von Vianden, deren Burg nur wenige Kilometer entfernt steht. Neben dem Gebäude befindet sich die auf romanische Ursprünge zurückgehende kleine Kirche St. Peter, vor der eine wohl 600-700 Jahre alte Wilibrodus-Linde (Tilia platyphyllos) steht; bemerkenswert ist zudem das sogenannte „Rother Männchen“, eine naive, um 1100 geschaffene Christusdarstellung an der Außenfassade der Kirche, die als eine der bedeutendsten romanischen Kirchenbauten der Eifel gilt. Der Weiler Roth thront über der alten Burgstadt Vianden, einst Sitz der mächtigen Grafen von Vianden. Der in weiten Teilen erhaltene mittelalterliche Ort und das Schloss sind ebenfalls sehr sehenswert. Herrliche Wanderwege beiderseits der Grenze erschließen die Region.

Die Königseiche wird von den Forstleuten als stärkste Eiche der Westeifel bezeichnet; nach einer Tafel, die vor Jahren nahe der Eiche angebracht wurde, soll sie „30 Festmeter bestes Nutzholz“ liefern können. Doch gefällt wird sie deshalb nicht, denn sie ist als Naturdenkmal ausgewiesen. Das zuständige Forstamt hat einen Holzzaun errichtet, mit dem die Umgebung der Eiche abgesperrt ist, um den Zugang zu unterbinden – zu groß wäre bei Sturm die Gefahr eines Astbruches. Starke Trauben-Eichen, die sich von der Stiel-Eiche (Q. robur) durch ungestielte Eicheln und gestielte Blätter unterscheidet, gibt es seltener als starke Stiel-Eichen. Auch deshalb ist die „Moaderkoos“ von Roth an der Our ein bemerkenswerter Baum.

Text: Eike Jablonski, Kruchten (aktualisierte Fassung aus dem Buch „Die starken Bäume Deutschlands“, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim 2020)