Libanon-Zeder Weinheim (Große Kreisstadt, Baden-Württemberg)
Baumart | Libanon-Zeder (Cedrus libani) |
Standort: | Große Kreisstadt an der Badischen Bergstraße, im Südwest-Winkel vom Kleinen Schlosspark zwischen Roter Turmstraße und Obertorstraße, nicht zu übersehen: am Weinheimer Schloss (Sitz der Stadtverwaltung); Baden-Württemberg |
Alter: | ca. 240 Jahre (aus Dimension, Baumgestalt, Standort und Lebensgeschichte hergeleitet – Schätzungen gibt es von 190 bis über 300 Jahre) |
Stammumfang: | 5,80 m in 1,3 m Stammhöhe (gemessen im Juli 2024) |
Höhe: | ca. 25 m |
GPS-Daten: | N 49.545851, O 8.669737 |
NEB ab: | Dez. 2024 (die Ausrufung findet am 28. März 2025 statt) |
Was für ein schönes Highlight zum Beginn der Ausrufungs-Saison 2025 der Nationalerbe-Bäume Deutschlands: nun wird also auch eine Zeder gekürt und in die Ehrengarde berufen. Sie steht zudem in der für alte Bäume und viele exotische Baumarten (u.a. im „Exotenwald“) besonders bekannten Stadt Weinheim – ganz im Norden Baden-Württembergs östlich von Mannheim, mit ihrem wärmebegünstigten Klima im Südwesten Deutschlands. Besonders passend ist dort auch ihr Standort im Kleinen Schlosspark am Schloss Weinheim. Die Stadt ist mächtig stolz auf ihren Baumbestand mit vielen besonderen dendrologischen Kostbarkeiten, wie eben dieser Zeder.
Es wird eine intensive Diskussion über das Alter dieser Zeder geführt, denn ein genaues Pflanzjahr ist nicht bekannt, somit gibt es keinen Nachweis. Die Angaben schwanken von 190 bis über 300 Jahre, teilweise haben sogar einige Fachleute auch ihre Meinung dazu geändert. Ich schließe mich den detaillierten Ausführungen des weithin bekannten Baumkenners Volker Bouffier an, der 2022 in den Mitteilungen der Dt. Dendrologischen Gesellschaft (MDDG Band 107: S. 83-95) dazu publiziert hat und sich im Südwesten der Republik besonders gut auskennt. So kommen wir auf etwa 240 Jahre, nämlich vermutlich im Jahr 1788 gepflanzt, wobei sie schon ein paar Jahre alt war. Für mich überzeugend dafür ist die Tatsache, dass Fabricius 1960 glaubhaft beschreibt, das diese Zeder auf einer Zeichnung von 1834 schon „als stattlicher Baum zu sehen“ ist.
Damit handelt es sich wohl um die dickste einstämmige und älteste Zeder Deutschlands. Der Riesenbaum – mit einer Kronenbreite von über 30 m und mit etwa 20 Astetagen und tausenden Zapfen – produziert fast jährlich enorme Samenmengen und breitet sich damit nach Mitteilung des Grünflächenamtes bereits in der halben Stadt aus. Das wird aber kaum als lästig empfunden, sondern ist eher interessant: dass es der Zeder nämlich so gut geht in Weinheim, fast 3000 km von ihrer Heimat entfernt! Sie ist winterhart bis -15° C.
Der phantastische Wuchsort dieser kostbaren Zeder auf einer Parkwiese muss vor Belastung wie Befahren geschützt werden und bleiben, da viele Nadelbäume sehr empfindlich gegen Bodenverdichtung sind. Dafür wird zum Schutz der Wurzeln noch ein Steinrand um den Baum installiert. Es finden Hochzeiten am Baum statt: ein weißes Brautkleid vor der bläulich-grünen Nadelfarbe der Krone muss phantastisch wirken – das möchte ich mal sehen!
Zedern sind immergrüne Nadelbaumarten mit Nadeln an Kurz- und Langtrieben, was es sonst nur an wenigen Nadelbaumarten gibt, z.B. auch bei Lärchen (die aber sommergrün sind und im Herbst ihre Nadeln abwerfen). Im Unterschied zu den anderen Zedernarten Atlas- und Himalaja-Zeder stehen bei der Libanon-Zeder nur 15-20 Nadeln im Büschel an Kurztrieben. Auch wie bei Zedern aufrecht stehende Zapfen auf den Ästen gibt es sonst nur an wenigen Nadelbaumarten, z.B. an Tannen. Die Zapfen zerfallen dann bei der Samenreife am Baum, fallen also nicht als Ganzes ab wie von Fichten, Kiefern und Douglasien. Dabei rieseln die geflügelten Samen der Zedern einzeln von der Zapfenachse herab, bis diese als nackte Spindeln schließlich noch lange Zeit am Zweig stehen bleiben. 1000 Samen wiegen weniger als 100 g.
Libanon-Zedern waren in der Antike größter Lieferant vom wohl wichtigsten und wertvollsten Holz für Ägypten, Phönizien und andere Länder des östlichen Mittelmeerraumes. Es wurde vor allem im Schiffsbau und wegen seiner Schönheit, Dauerhaftigkeit und seines Wohlgeruchs für die Errichtung und Ausstattung von Tempeln und Palästen bevorzugt. Wegen ihres ungemein eindrucksvollen Erscheinungsbildes, ihres sehr schönen, dauerhaften und leicht zu bearbeitenden Holzes gehören Libanon-Zedern seit fast 5000 Jahren zu den begehrtesten und am stärksten genutzten Baumarten überhaupt. Bis vor etwa 1000 Jahren wurden Libanon-Zedern im östlichen Mittelmeerraum als „Baum Gottes“ bezeichnet. Extreme Übernutzung vernichtete schließlich die Vorkommen im Libanon bis auf kleine Reste. Demgegenüber blieben die oft sehr lückigen Bestände im schwer zugänglichen Taurus-Gebirge bis heute größerflächig erhalten. In der Türkei und in Frankreich gibt es umfangreiche Aufforstungen mit der Baumart. Zudem ist sie als Parkbaum in vielen Ländern der Welt beliebt.
Dieser Wunderbaum ist sehr beeindruckend in Szene gesetzt durch den Rundweg außen entlang seiner Krone und mit dem wunderschönen Schloss nebenan. Während ich den Anblick der Zeder ausgiebig genoss, kamen einzeln verträumte junge und ältere Baumfreunde vorbei und streichelten ihre Rinde oder legten 2 Minuten die Handflächen darauf – ein bewegender und friedvoller Anblick.
Text und Fotos: Andreas Roloff, TU Dresden