Hindenburglinde (Landkreis Berchtesgadener Land, Bayern)

Hindenburglinde Ramsau: …umgeben von Zweitausendern…
BaumartSommer-Linde (Tilia platyphyllos)
Standort:in der Gemeinde Ramsau in Oberbayern (Landkreis Berchtesgadener Land), weit außerhalb des Ortskernes unübersehbar an der Alpenstraße 66 beim gleichnamigen Hotel (an der B305 nach Berchtesgaden, 13 km von dort entfernt), in 850 m über Meereshöhe
Alter:ca. 600-800 Jahre, nach Einschätzung 750 Jahre
Stammumfang:10,80 m in 1,55 m Stammhöhe (Taille, gemessen Mai 2022)
Höhe:ca. 31 m
GPS-Daten: N 47.616264, O 12.884665
NEB seit:30. September 2022 (Bericht & Fotos)

Über das Pflanzjahr dieses Baumes ist nichts bekannt, wie immer bei diesen Methusalems. Sein Standort hat eine eindeutige Beziehung zum heute benachbarten „Hotel Hindenburglinde“, welches bereits vor 150 Jahren ein Bauern- und Gasthof war. Linden waren schon seit Jahrhunderten verbreitet sehr beliebte Hofbäume, wegen ihrer positiven ästhetischen und Geruchswirkungen, für ihre medizinische und Holznutzung, zur Herstellung von Lindenblütentee und -honig, und wegen ihrer schon damals bekannten Langlebigkeit und Robustheit. Die Blätter wurden als Stall-Einstreu verwendet (bei dieser Linde bis in die 1990er Jahre) oder als Viehfutter, was in der Region als Tratten bezeichnet wird, für diese Linde aber wohl nicht von Bedeutung gewesen ist. Der Baum wurde bereits in den 1850-er Jahren im Baedeker-Reiseführer erwähnt.

Wenn man das erste Mal vor dem Baum steht, kann man seine Dimensionen kaum glauben und denkt an eine optische Täuschung. Das schafft kein Foto auch nur annähernd wiederzugeben, was man empfindet, wenn man real vor dem Baum steht. Dafür muss man allerdings in einen der entlegensten Winkel Deutschlands fahren, und wir sind mächtig stolz, gerade dort diesen Baum gefunden und in unsere Ehrengalerie aufgenommen zu haben.

Der Name Hindenburglinde stammt noch aus vergangener Zeit: Nachdem Anfang der 1930er Jahre die Deutsche Alpenstraße gebaut wurde und seitdem direkt unterhalb der Großen Linde vorbeiführt, erhielt der damals schon weithin bekannte Baum 1933 seinen heutigen Namen anlässlich der Verleihung der Ehrenbürgerwürde der Gemeinde Ramsau an Reichspräsident Paul von Hindenburg. Es wurde in jüngerer Zeit vor Ort diskutiert, ob nicht der Name wieder auf den ursprünglichen: ‚Große Linde‘ umbenannt werden sollte, aber man hat sich bewusst dagegen entschieden, da die Historie nicht nachträglich wieder verändert werden soll.

Die Krone teilt sich ab der Stammhöhe von etwa 5 Meter nach und nach in 7 Stämmlinge, die als einzelne Äste z.T. schon Altbaumgröße erreichen. Es gibt keine Sekundärkrone oder ehemalige Kappungsstellen im Kronenbereich unter 13 m Stammhöhe, was für eine so alte Linde schon sehr ungewöhnlich ist. Dabei ist interessant, wie es der Baum zu solch intakter Krone und seiner ungestörten Wüchsigkeit geschafft hat – der kühle Standort in 850 m Meereshöhe wird dazu entscheidend beigetragen haben, denn die Wasserversorgung war und ist dort immer gesichert, noch dazu mitten im Alpenraum mit sowieso höheren Niederschlägen (das nahe Berchtesgaden hat 1.870 mm Jahresniederschlag bei einer Durchschnittstemperatur von nur 5°C). Zudem hat die Linde offenbar bereits seit Jahrhunderten Fürsorge erhalten und wurde bis in die jüngste Zeit feinfühlig gepflegt und gesichert. Dies soll auch so bleiben und erhält nun mit ihrer Ausrufung als Nationalerbe-Baum und durch die Beteiligung der DDG zusätzliche Beachtung und Wertschätzung.

Phänomenal ist auch die Kulisse um den Baum: Gebirge und Berge wohin man schaut, dabei etliche Zweitausender mit bis zu 2700 m Gipfelhöhe. Und das nahe Berchtesgaden mit dem Königssee und seinem türkisblauen Wasser, umringt von steilsten Felswänden mit mehreren hundert Metern Höhe, ist natürlich auch eine Attraktion in unmittelbarer Nähe – wie auch der Ortskern von Ramsau, wenn man ihn gefunden hat: fernab der Bundesstraße in idyllischer Tallage (Rams-Au).

Text und Bilder von Andreas Roloff, TU Dresden