Jahresbericht 2022

Dez 11, 2022

Bericht zu den Aktivitäten im Projekt Nationalerbe-Bäume Deutschlands 2022, mit Angaben zur Vorbereitung, Durchführung und Wirkung der Ausrufungen sowie Maßnahmen an  Nationalerbe-Bäumen. 

Insgesamt sind wir mit dem Verlauf 2022 sehr zufrieden: es ist gelungen, weitere 9 Bäume als Nationalerbe-Bäume auszuwählen (überwiegend aus uns zugegangenen Meldungen der Öffentlichkeit) und 10 Bäume auszurufen (mehr Informationen und sehr viele Bilder dazu auf www.nationalerbe-baeume.de).

Ausrufungen 2022

NEB #13: Riesenmammutbaum Stadt Bremen

Im Februar 2022 wurde in sehr kleinem Kreise (da auf Friedhof) der Riesenmammutbaum als Bremer Vertreter unter den Ehrenbäumen offiziell ausgerufen. Dazu waren neben Mitarbeiter:innen der beteiligten Institutionen vom für den Baum verantwortlichen Umweltbetrieb Bremen und vom zuständigen Senatsressort vor allem Medien geladen. Dies wurde von beeindruckend vielen Print-, Radio- und Fernseh-Vertreter:innen wahrgenommen: die zahlreichen Interessierten waren über 3 Stunden vor Ort, genossen die Veranstaltung sichtlich und stellten stundenlang Fragen, da sie eine solche Gelegenheit wohl nicht oft haben – ihr häufigster Kommentar: „…endlich mal was Schönes!“

In der Ausrufungszeremonie wurde der Bremer Vertreter unter den Nationalerbe-Bäumen mit all seinen Besonderheiten umfassend vorgestellt und berichtet, wie und warum es zu diesem etwas ungewöhnlichen Kandidaten gekommen ist. Tafelenthüllung und ein sehr gelungenes winterliches Outdoor-Catering rundeten die Zeremonie ab.

Man merkte eindrucksvoll den Stolz der Verantwortlichen auf diesen Baum und seine Ehrung. Immerhin kann er theoretisch bis zu 3000 Jahre alt und über 10 m dick werden. Es wurde veranschaulicht, dass dann die Gräber direkt am Baum eingewachsen sein werden – das fanden die anwesenden Mdienvertreter eine so phantastische Vorstellung, dass sie immer wieder nachgestellt werden musste.

NEB #07: Flatter-Ulme Kirche Gülitz, Brandenburg)

Nunmehr ist auch die (von 2021 nachgeholte) Ausrufung erfolgreich vollzogen, mit der fast 500 Jahre alten Flatter-Ulme in Gülitz (Landkreis Prignitz). Der Singkreis Berge begleitete die Zeremonie mit schönen Baumliedern wie „Am Brunnen vor dem Tore, da steht ein Ulmenbaum…“ – was für eine tolle Idee! Es kamen über 100 Gäste von nah und fern und waren in bester Laune.

Die Geschichte des Baumes und die Baumgeschichten machten dann wohl mächtig Eindruck auf die Anwesenden: so detailliert hatte sie bisher noch niemand gehört. Und einige der Dorfbewohner:innen sagten hinterher völlig überwältigt, dass sie den Baum jetzt mit ganz anderen Augen sehen und noch viel mehr wertschätzen als schon zuvor. Und nebenbei sah man einen Elefanten am Baum, einen Dinosaurierfuß und eingewachsene Steine in 1,5 m Stammhöhe (siehe Bilder 2,3,5). Über letzteres muss ich noch etwas grübeln, denn wie kann das möglich sein?? Oh da gibt’s wohl noch ein Geheimnis…

Das anschließende, von Pfarrersfamilie liebevoll persönlich vorbereitete Kaffeetrinken mit Imbiss fand dann aufgrund des etwas ruppigen Wetters in der Kirche nebenan statt, eine wunderschöne Verbindung des geehrten Kirchenbaumes mit seiner Gemeinde, und es wurde lange intensiv geplaudert, jede mit jedem.

NEB #14: Sommer-Linde Gemeinde Vogtei, Thüringen

Die sehr schöne und rundum gelungene Ausrufungszeremonie in Vogtei entwickelte sich zum echten Dorffest – sie begann diesmal schon um 11 Uhr, weshalb es dann mittags auch vom Grill regionale Thüringer Bratwürste vom Feinsten gab. Und die örtliche Bläsergruppe sowie der personenstarke dörfliche Chor waren ein Genuss und begleiteten die Veranstaltung mit 110 Teilnehmer:innen über die gesamten 2 Stunden.

Der sehr engagierte Bürgermeister hatte mit seinem Team alles wunderbar organisiert und eingefädelt, er spielte selbst bei den Bläsern auf der Tuba mit. In der Laudatio des Kuratoriumsleiters auf den Ehrenbaum wurde das Rätsel des Baumalters gelöst: dass es sich wohl um eine etwa 500 Jahre alte Linde handelt, die ein Wiederaustrieb einer Vorgängerlinde aus dem 13. Jahrhundert ist oder sogar der Wiederaustrieb eines Vorvorgängerbaumes aus dem 9. Jahrhundert sein kann – niemand weiß das, und dazu wird man auch keine Belege mehr finden.

NEB #15: Sommer-Linde Kirche Polchow, Mecklenburg-Vorpommern

Auch die Ausrufung der etwa 800 Jahre alten Linde in Polchow bei Rostock ist sehr erfolgreich verlaufen. Bei typisch nordischen Wetter mit heftigen Sturmböen und Schauern wurden die Redebeiträge nach der Tafelenthüllung zu Beginn kurzfristig in die Kirche verlegt, so dass die deutlich über 100 Teilnehmer:innen incl. Gästen aus der Schweiz dann warm und geschützt in der ziemlich vollen Kirche die Geschichten zur Linde genießen konnten. Was sie sichtlich auch getan haben, wie man an den Rückmeldungen danach beim Tortenbüffet hören konnte. Bei dem hohen Alter und der phänomenalen Stammgestalt des Baumes gab es viel Interessantes und Überraschendes zu erzählen, wobei auch ein Einwohner zu Wort kam, der vor über 70 Jahren an der Linde geboren wurde.

Zum ersten Mal bei einer Ausrufung läuteten zu Beginn der Feier des Kirchenbaumes als Lockruf die frisch restaurierten Kirchenglocken, was einen äußerst feierlichen Rahmen schaffte. In der Kirche spielte dann ein Jazztrio zwischen den Redebeiträgen sehr einfühlsame Musik zu diesem Anlass, ein Hochgenuss. Das ganze Dorf hatte vorher Kuchen gebacken, Torten eine leckerer als die andere waren vor der ersten Kirchenbankreihe aufgetischt. Kuratoriumsvorsitzender durfte („musste“ – mit Vergnügen…) eine riesige Lindenfesttags-Torte anschneiden, was eine fröhliche Zeremonie wurde, und als begeisterter und bekannter Tortenfan hat er das erste Stück dann sogleich verzehrt und war rundum glücklich und zufrieden.

NEB #16: Stiel-Eiche privat St. Gangolf, Saarland

Am Ausrufungstag war blauer Himmel mit weißen Wölkchen und machte eine phantastische April-Stimmung den ganzen Tag. Die Tafelinstallation am Ehrenbaum war ein Hochgenuss, ebenso das Musik-Concerto in der Eiche: im hohlen Stamm eine überwältigende Akustik mit Flöte und Drumsticks, konnte gar nicht wieder aufhören.

Zur Ausrufung Sonne, doppelt soviele Gäste wie erwartet (ca. 100) in allerbester Laune, welche über die Besonderheiten dieser Eiche sehr ins Staunen kamen. Baumeigentümer, Saarländischer Umweltminister, Landrätin und Bürgermeister hielten begeisterte Grußworte, und dann wurde die extrem spannende Geschichte dieses Baumes vorgestellt, dessen Alter sich kurz vor der Ausrufung durch die intensiven Recherchen verdoppelt hatte: von 350 auf 650 Jahre aufgrund neu aufgetauchter Dokumente von 1487 zum Baum.

Die Eigentümerfamilie spendierte ein fulminantes Catering mit einmaligen Spezialitäten des Hofgutes und der Region. Es war einfach ein unbeschreiblicher Hochgenuss, dies alles zu erleben und dann vollkommen zufrieden und glücklich wieder nach Hause zu fahren.

Damit waren dann sämtliche ersten Nationalerbe-Bäume aller 16 Bundesländer ausgerufen.

NEB #17: Trauben-Eiche Forst Roth/Our, Rheinl.-Pfalz

­Besser konnte die Ausrufung nicht laufen: fast 100 Teilnehmer:innen aus nah und fern (aus 3 Ländern) waren dabei, immerhin fand das Ereignis ja mitten im Wald statt und war entsprechend schwieriger erreichbar: per Shuttle oder mit längerem Fußmarsch (in einem der westlichsten Zipfel der Republik, von Dresden 8-stündige Fahrt).

In den Grußworten von Landesforstchef, Landrat und DDG-Präsident wurde noch einmal die wechselvolle Geschichte der Eiche in den letzten Jahrhunderten und bis in die 1950er Jahre anschaulich dargestellt, mit 6 Länderwechseln, gekeimt in den Spanischen Niederlanden! Der Baum konnte ja nicht weglaufen, „musste das alles mit ansehen“ – und hat den ‚Migrationshintergrund‘ bestens überlebt. Die musikalische Umrahmung übernahm das erste Mal eine Band aus dem Ausland: die „Museksfrënn Gemeng Noumer“ aus Luxemburg (die Landesgrenze ist dort 250 m vom Baum entfernt und unsichtbar), das war ein besonders schönes Erlebnis mit ihrer fetzigen Bläser-Musik.

Bei einem wundervollen Catering und maßgeblicher personenstarker Beteiligung der Landesforsten Rheinland-Pfalz fand das Beisammensein einen würdevollen Ausklang mit toller Stimmung im Wald. Nun ist also die Trauben-Eiche als 17. Baum endlich auch mit in der Ehrengalerie dabei mit einem besonders würdigen Vertreter, 38 m hoch und mitten in einem riesigen Waldgebiet – wir freuen uns sehr darüber! Und man merkte so eindrucksvoll (auch auf der Veranstaltung), welche herausragende Rolle dort der Naturschutz und die Umweltbildung in der Forstwirtschaft spielt. Seit Jahrzehnten ist der Besuch der Königseiche fest im Lehrplan der Grundschule verankert, und alle wichtigen Themen zum Wald und seinem Management in Klimawandelzeiten werden an geeigneten Waldorten vorbildlich auf dezenten Tafeln erläutert.

NEB #18: Sommer-Linde Bund Ramsau, Bayern

Aufgrund von Platzmangel am Baum musste die Ausrufung nichtöffentlich erfolgen, d.h. es konnten nur geladene Gäste teilnehmen. Unter dennoch beeindruckend starker Beteiligung von fast 50 politischen und Behörden-Vertretern ist die geschichtsträchtige Hindenburglinde in Ramsau am 30. September offiziell zum 18. Nationalerbe-Baum ausgerufen worden – als zweiter Kandidat von Bayern. Die Begrüßung nahm der Leiter des Staatlichen Bauamtes Traunstein vor, dessen Amt die Bundesbehörden in dieser Angelegenheit vertritt und für diesen uralten und besonderen Bundesbaum die Verantwortung innehat. Landrat und Bürgermeister sprachen begeisterte Grußworte, und die zahlreichen Amtsträger von Ramsau und den umliegenden Gemeinden, dem Landkreis und Naturschutz-Verantwortliche wollten mehr über diesen in ihrer Region berühmtesten Baum erfahren.

Dazu wurden dann vom Kuratoriumsvorsitzenden in seiner Baum-Laudatio längere Ausführungen gemacht, u.a. zur Entwicklung und Gestalt der Linde und über die Herleitung ihres Alters von etwa 750 Jahren, was auf großes Interesse stieß. Der Kreisheimatpfleger stellte die jüngere und ältere Geschichte des Baumes mit interessanten Details vor, z.B. dass diese Linde bereits in einer Urkunde von 1387 Erwähnung gefunden hat.

Mit ortsverbundener musikalischer Begleitung und zum Abschluss einem fulminanten Catering im benachbarten gleichnamigen Hotel ging die Veranstaltung bei angeregten Gesprächen zu Ende und wurde von allen Teilnehmern dankbar kommentiert. Moderate Pflege- und Sicherungsmaßnahmen werden den für sein Alter außergewöhnlich intakten Baum für die nächsten 10 Jahre fit machen.

NEB #19: Stiel-Eiche privat Harreshausen, Hessen

Die berühmte Säuleneiche in Harreshausen bei Frankfurt/M. ist mit bisher nie erreichter Teilnehmerzahl auf einer von der Stadt Babenhausen phantastisch vorbereiteten Feier bei allerbester Stimmung gebührend zum Nationalerbe-Baum ausgerufen worden. Ein 15-köpfiges Team der Stadtverwaltung war tagelang mit den Vorbereitungen beschäftigt und hat am Feier-Tag ab 10 Uhr das Umfeld um den Baum auf das große Ereignis vorbereitet – auf einer eigens dafür seit 3 Monaten präparierten großen Wiese vorm Baum (die sonst ein Stück Acker ist) wurden Technik, Sitzbänke, Stehtische, Pavillons fürs Catering mit Getränken, Kuchen und Rindsknackern aufgebaut und ab 13 Uhr strömten die über 300 Gäste aus nah und fern.

Die Grußworte und die musikalische Begleitung waren eine große Freude Danach folgten längere Ausführungen zur Initiative der Nationalerbe-Bäume und zur Schönen Eiche.

Es gab unter den Teilnehmern ein sehr großes Interesse am Baum, und von Einwohnern wurden einige wichtige und interessante selbst erlebte Ereignisse aus der Baumhistorie mitgeteilt. Dadurch konnten etliche noch offene Fragen geklärt werden, z. B.

  • dass der daneben befindliche Nachkommensbaum aus einer Eichel des Mutterbaumes Schöne Eiche stammt (also keine Veredlung) und 70 Jahre alt ist;
  • dass der Anteil aufrecht säulenförmig wachsender Jungbäume aus den Eicheln der Schönen Eiche nur etwa 2 % beträgt;
  • dass die Eiche schon vor 70 Jahren so hohl wie heute war, daher mehrere ältere Einwohner bereits als Kinder im Baum waren, der unten im Stamm einen größeren Spalt hatte (wie noch heute).

Ab sofort soll nun am Baum einmal jährlich das Babenhauser „Schöne Eiche-Stadtfest“ gefeiert werden – der Baum wird sich freuen und kann mächtig stolz sein, dass man ihn so verehrt.

NEB #20: Sommer-Linde Gemeinde Evessen, Niedersachsen

Bei allerschönster bunter Herbststimmung und angenehmsten Wohlfühltemperaturen wurde in Evessen am 15. Oktober die berühmte Linde auf dem Tumulus als 20. Baum zum Nationalerbe ausgerufen. Es kamen fast 100 Teilnehmer:innen zusammen, um bei einfühlsamer musikalischer Begleitung die Feier zu genießen. Mit Begrüßung durch die Gemeindebürgermeisterin und in den Grußworten von Vize-Landrätin und dem Sickter Bürgermeister wurden weitere interessante Details zur Geschichte des deutschlandweit ungewöhnlichsten Duos aus vitalem Baumveteran und intaktem bronzezeitlichen Grabhügel (Tumulus) vorgestellt – so z.B., wie vor 125 Jahren einer der Versuche durch Archäologen, den Grabhügel zu öffnen, durch den Baum und ein Kind verhindert wurde!

In der Laudatio zum Baum wurden die Besonderheiten dieser wohl 800-jährigen Linde erläutert und beim Anblick des Baumes seine einmalige Lebensgeschichte und sehr gute Vitalität erläutert. Etliche Gäste äußerten, das hätte ruhig gerne auch noch länger dauern können, weil so viel Interessantes anschaulich erzählt wurde.

Ein Einwohner des in der Nachbarschaft stehenden Wohnhauses konnte die Frage klären, von wo der Baum in den trockenen Sommern der letzten Jahre sein Wasser erhält, um sattgrün und ohne nennenswerten Blattfall entspannt solche Trockenstresszeiten zu überstehen: auf einem nahen Grundstück wurden schon vor über 50 Jahren bei Grabungsarbeiten Wurzeln der Linde gefunden, bis über 35 m vom Baum entfernt! Er ist mit seinen Wurzeln also nicht im Tumulus 10 m nach unten gewachsen, sondern seitlich den Tumulus hinunter und hat die Umgebung „erkundet“, um nützliche Bereiche umliegender Gärten „anzuzapfen“ – einfach genial, wie ein so alter Baum sich absichert. Das hat mich als Baumbiologen schwer beeindruckt und nachhaltig begeistert.

In Zukunft soll in Evessen Ende Juni alljährlich ein Lindenblütenfest am Baum stattfinden, um die Tumuluslinde als den ältesten Dorfbewohner zu ehren und das Wunder im Bewusstsein der Gemeinde zu erhalten.

NEB #21: Sommer-Linde Kirche Collm, Sachsen

Mit gebührender musikalischer Begleitung: Kirchengeläut Punkt 10 Uhr zur Eröffnung und anschließend dem Wermsdorfer Posaunenchor mit kirchlichen Bläser-Musikstücken begann die Ausrufungszeremonie der Collmer Linde am Samstag-Vormittag. Nach sehr emotionalen, einfühlsamen und bewegenden Grußworten des Pfarrers, des Staatssekretärs aus dem Sächsischen Umweltministerium und des Gemeinde-Bürgermeisters folgte die Laudatio zum Baum.

Dabei bestand diesmal die seltene Gelegenheit, den etwa 160 Teilnehmer:innen eine Live-Präsentation am lebenden Baum zu bieten: indem sehr detailliert die Lebensgeschichte des Baumes anhand seiner Stammstrukturen aus Originalstamm, Innenwurzeln und Wiederaustrieben sowie mit seiner Krone aus Ständern erläutert wurde. Dabei war das Publikum (einschließlich etwa 30 Kindern) von der großen Zahl an interessanten baumbiologischen Symptomen fasziniert, die man am Stamm erkennen kann, wenn man seine „Sprache“ erklärt bekommt. Zum Abschluss des offiziellen Programmteils nach etwa einer Stunde wurde dann die Ehrentafel enthüllt und verlesen.

Beim anschließenden gemütlichen Beisammensein mit Catering aus dem Dorf bei bester Stimmung gab es interessante Gespräche mit vielen weiteren Fakten, Fotos und historischen Details zum Baum. So wurde auch eine Urkundenkopie aus dem Jahr 1185 überreicht, die das Baumalter noch deutlich erhöhen könnte, wenn sie geprüft und für zutreffend befunden worden ist. Spannend, spannend – denn womöglich gibt es dann doch noch einen tausendjährigen Baum in Deutschland! Die Prüfung ist inzwischen erfolgt: von dem Baum ist in der lateinischen Urkunde keine Rede und auch der Landding-Ort ist nicht genannt, nach Ansicht führender Historiker ist es wohl nicht in Collm gewesen – somit bleibt es daher bei 800 Jahren Baumalter.

Allgemeines zum Projektstand

Übersichtstabelle zu allen bisherigen Nationalerbebäumen

Nr.Jahr AusrufungTrivialnamewissenschaftlicher Namegeschätztes AlterUmfang in ca. 1,30 m Höhe [cm]EigentümerOrt, Bundesland
#012019Sommer-LindeTilia platyphyllos70017,7GemeindeHeede, Niedersachsen
#022019GinkgoGinkgo biloba2105,2Verein e.V.Riesa, Sachsen
#032019EibeTaxus baccata7004,01KircheFlintbek, Schleswig-Holstein
#042020Stiel-EicheQuercus robur6009,7privatNagel/Küps, Bayern
#052020Sommer-LindeTilia platyphyllos6007,95GemeindeHochmössingen, Baden-Württ.
#062020Berg-AhornAcer pseudoplatanus2705,6StadtHamburg
#072020Flatter-UlmeUlmus laevis45010,1KircheGülitz, Brandenburg (Ausrufg. 2022)
#082021Winter-LindeTilia cordata8009,85GemeindeGroßpörthen, Sachsen-Anh.
#092021Stiel-EicheQuercus robur6006,1ForstBerlin
#102021Eur. LärcheLarix europaea2404,75Land (Park)Kassel, Hessen
#112021Ess-KastanieCastanea sativa4007,75privat/GemeindeRheinland-Pfalz
#122021Stiel-EicheQuercus robur90012,5Kirche/GemeindeRaesfeld-Erle, Nordrhein-Westf.
#132022RiesenmammutbaumSequoiadendron giganteum1607,3StadtBremen
#142022Sommer-LindeTilia platyphyllos5009,95GemeindeVogtei, Thüringen
#152022Sommer-LindeTilia platyphyllos80014,4KirchePolchow, Mecklenburg-Vorp.
#162022Stiel-EicheQuercus robur6506,5privatSt. Gangolf, Saarland
#172022Trauben-EicheQuercus petraea3605,05ForstRoth/Our, Rheinl.-Pf.
#182022Sommer-LindeTilia platyphyllos75010,8BundRamsau, Bayern
#192022Stiel-EicheQuercus robur5504,3privatHarreshausen, Hessen
#202022Sommer-LindeTilia platyphyllos8007,1GemeindeEvessen, Niedersachsen
#212022Sommer-LindeTilia platyphyllos80011,05KircheCollm, Sachsen
#222023Stiel-EicheQuercus robur4506,75StadtMöckern, Sachsen-Anhalt
#232023Winter-LindeTilia cordata6007,20AmtChorin, Brandenburg
#242023Stiel-EicheQuercus robur60010,15AmtRöbel/Mütitz, Mecklenb.-Vorp.
#252023Ahornbl. PlatanePlatanus x hispanica2457,7UniversitätHohenheim, Baden-Württ.
#262023Weiß-TanneAbies alba6056,95NationalparkBayerischer Wald, Bayern
#272023Flatter-UlmeUlmus laevis5008,60privatBierde, NRW
#282023Europäische EibeTaxus baccata4054,85GemeindeThedinghausen, Nieders.
#292023Holländische LindeTilia x europaea8007,15KlosterIsenhagen, Niedersachsen
#302023Sommer-LindeTilia platyphyllos80014,15GemeindeWessobrunn, Bayern

Die bisherigen Ausrufungen (Text zuvor und Tabelle) waren immer sehr bewegend und jeweils ein besonders schönes Ereignis, welches große Aufmerksamkeit der Fachwelt, Medien und örtlichen Bevölkerung sowie überregionalen Bauminteressierten erhielt (www.nationalerbe-baeume.de). Die Teilnehmerzahl variierte 2022 von 10 (aus Pietätsgründen beim Friedhofsbaum in Bremen) und 50 (wegen Platzmangels nur geladene Gäste zur Hindenburglinde in Ramsau) bis etwa 200 an der Linde in Polchow (MV) und über 300 bei der Schönen Eiche in Harreshausen (Hessen).

Ein großer Meilenstein war im Juni 2022 das Erreichen der Vollständigkeit aller Bundesländer. Jedes Bundesland ist seitdem mit mindestens einem Baum vertreten, inzwischen auch schon 5 mit einem zweiten. Die weitere Abfolge und Verteilung wird sich an der Größe der Bundesländer orientieren, wonach die Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin mit je einem Baum zunächst für längere Zeit vollständig vertreten sind.

Das Buch zum Stand 16 Bäume in 16 Bundesländern (Umfang 110 S.) wurde – wie lange vorher geplant – im April geschrieben, editiert und Layout erstellt und war bereits im Mai gedruckt und online verfügbar: mit einer Auflage von 600 Printexemplaren zur freien Verteilung an die Baumeigentümer, Mitglieder des Kuratoriums, besondere Institutionen, Verbände und Persönlichkeiten sowie auf Ausrufungen und Tagungen. Es ist mittlerweile seit Oktober 2022 vergriffen (so war es auch geplant, da es inzwischen nicht mehr den aktuellen Stand mit jetzt schon 21 Bäumen darstellt). Die kostenlose Online-Fassung des Buches (pdf) ist frei verfügbar weiterhin herunterladbar von unserer Website. Ein nächstes Buch zu den Nationalerbe-Bäumen soll dann beim Stand 30 Bäume (Herbst 2023) erstellt und ebenfalls wieder kostenlos verteilt werden.

Die Tafelerstellungen erfolgen weiterhin immer termingerecht in beeindruckender Qualität nach den speziellen Anforderungen und Vorgaben des Kuratoriums. Sie sind sehr repräsentativ und witterungs- sowie vandalismus-resistent, haben sich somit bewährt und werden mit sehr hoher Frequenz beachtet und gelesen, was man am zertretenen Bodenzustand vor den Tafeln erkennt.

Die notwendigen und sinnvollen Sicherungs- und Baumpflege-Maßnahmen fallen je nach Baum sehr unterschiedlich aus: von „Baum ohne Probleme und Bedarf“ (z.B. der Mammutbaum in Bremen und die Linde Vogtei) bis moderater Bedarf (z.B. die Linde Polchow, die Ulme Gülitz und die Linde Collm) und einmalig auch ein deutlich höherer Bedarf (bei Baum Nr.1, der Heeder Linde). Die Maßnahmen wurden aber noch nicht vollständig im Jahr 2022 abgeschlossen (noch Bedarf in Harreshausen, Collm und Ramsau für eine Baum-Einkürzung).

Es sind in diesem Jahr vier etwa 800-jährige Bäume hinzugekommen, die noch größere Teile ihres Ursprungstammes aufweisen (Polchow, Ramsau, Evessen, Collm). Dies ist sonst bei sehr vielen alten Bäumen nicht mehr gegeben oder zumindest unsicher.

Im Jahr 2022 wurden von der Dendrologin Stefanie Weigelmeier die Arbeiten für die Social Media fortgesetzt und intensiviert, um die DDG öffentlich wirksamer bekannt zu machen. Dafür war sie auf 6 NEB-Ausrufungen und 4 Baumtagungen mit einem Stand und Infomaterial vertreten. Sämtliche Flyer der DDG und der Nationalerbe-Bäume sind neu gestaltet und aufgelegt worden, auch zu jedem NEB wird immer zur Ausrufung ein extra Flyer erstellt und verteilt. Die Nationalerbe-Bäume wurden in Facebook und Instagram weiter bekanntgemacht und dort immer zeitnah mit aktuellem Informationsstand zum Projekt präsentiert, der von den Mediennutzern interessiert zur Interaktion wahrgenommen wird.

Keiner der bis jetzt ausgewählten und mit Fachmaßnahmen gepflegten und gesicherten Nationalerbe-Bäume zeigt bisher Trocken- oder Sturmschäden, was ein großes Wunder ist. Als Erklärungen sind anzunehmen die genetische Ausstattung der Uraltbäume (da sie den gesamten Genpool aus ihren Jahrhunderten Lebensgeschichte gespeichert haben) sowie die große Ausdehnung ihrer Wurzelsysteme. In einem Fall (Linde Evessen) wurden die Wurzeln über 35 m entfernt vom Stamm im Garten eines benachbarten Grundstückes gefunden!

Wir sind somit insgesamt weiter auf einem sehr guten und spannenden Wege mit dem Projekt Nationalerbe-Bäume und inzwischen also bei 21 Bäumen in allen 16 Bundesländern angekommen. Es besteht die Planung, auch 2023 die Anzahl der Bäume weiter zu steigern und damit das Etappenziel 50 Bäume möglichst in 3 Jahren (2025) zu erreichen.

Sowohl die herkömmlichen Medien Fernsehen, Radio, Print-Presse als auch die Social Media reagieren auf das Vorhaben äußerst positiv. Etliche kommen selbst mit einem Redakteur zu den Ausrufungen und/oder berichten im Nachgang ausführlich über den Baum, über die Ausrufungen und den Hintergrund dieser Initiative. Unsere Projekt-Homepage www.nationalerbe-baeume.de wird weiter sehr gut frequentiert, z.B. an 3 Tagen um die Ausrufungen herum meist insgesamt etwa 1500-2000 mal und im Zeitraum 20.09. bis 30.10.2022 über 18.000-mal. Inzwischen haben die Medienanfragen nach Interviews, Kurz- und Langbeiträgen, Nachrichten, Kommentaren, Statements, PodCasts etc. einen Höchststand erreicht, seit Anfang Oktober 2-4x täglich – das ist nicht mehr zu bewältigen, ich schaffe 1-2 pro Tag.

Die beteiligten Baumeigentümer und Verantwortlichen (Gemeinden/Landkreise/Bund, Kirchen, Forst, Privatpersonen) fühlen sich weiterhin durch die Auswahl und Ernennung ihres Baumes spürbar sehr wertgeschätzt und steigern ihr Engagement und die Aktivitäten für den Baum maßgeblich, z.B. auch durch touristische Vermarktung und Bekanntmachung. Bei den Baumeigentümern und in der Bevölkerung wird damit ein gesteigertes Bewusstsein für den (biologischen, ökologischen, kulturellen) Wert der alten Bäume und ihrer Besonderheiten bewirkt.

Es fanden zwei Kuratoriumstreffen in 2022 statt: in Präsenz am 23.7.2022 in Gotha auf der DDG-Jahrestagung und am 16.11.2022 in einem online-Meeting. Beim ersten Treffen wurde über Aktuelles diskutiert, beim zweiten zum Rückblick 2022 und zu den Kandidaten für das kommende Jahr befunden. Insgesamt enthält die Liste möglicher Kandidaten inzwischen fast 200 Bäume, dafür sind bisher über 300 Meldungen eingegangen. Die Differenz beider Anzahlen entsteht durch Doppel- und Mehrfach-Meldungen sowie ungeeignete Bäume: z.B. nicht öffentlich zugängliche, Privatbäume mit zu hohen Erwartungen, ungeeignete Baumarten mit zu kurzer Lebensdauer, Bäume mit zu großen Problemen/in der Absterbephase.

Jede eingehende Baummeldung wird persönlich beantwortet, mit Dank und meist weiteren Fragen zum Baum, Mitteilung über das weitere Vorgehen, Einschätzung der grundsätzlichen Eignung und ggf. Aufnahme in die Liste möglicher Kandidaten. Ein sehr schöner „Nebeneffekt“ der NEB-Aktivitäten ist, dass wir immer mehr der alten Bäume in Deutschland kennenlernen sowie auf wundersamste Weise die Mentalitäten der Menschen in den 16 Bundesländern und sogar deren regionale und lokale Besonderheiten, da ja bisher schon für 21 Ausrufungen 21 Feiern/Zeremonien mit den Verantwortlichen vor Ort zu organisieren waren. Das hat bisher immer bestens geklappt, wenn es auch oft nicht stressfrei war/ist.

Im kommenden Frühjahr werden noch Pflegemaßahmen an einigen schon ausgerufenen Bäumen erfolgen müssen, die beste Zeit dafür ist das zeitige Frühjahr. Für 2023 liegt nun bereits eine Vorauswahl von 7 Bäumen vor, einzelne schon in Verhandlungen zum Vertrag, und auch mit einigen weiteren neuen Baumarten.

Insgesamt ist der Stand mit 21 ausgerufenen Bäumen jetzt sehr beachtlich, hat eine große Wirkung auf die Wahrnehmung, Würdigung und Wertschätzung alter Bäume und erhöht maßgeblich die Bemühungen um ihren Erhalt. Dies strahlt weit über nur die ausgerufenen Bäume aus. Der ausführliche Stand zum Projekt geht auch aus dem im Juni 2022 erschienenen Buch zum Projekt und aus einer Publikation in der Allgemeinen ForstZeitschrift vom 15.12.2022 hervor (ist derzeit im Druck).

Noch viel mehr Informationen zum Projektstand und über 400 Bilder sowie einige Videos finden sich auf der Homepage www.nationalerbe-baeume.de.

Insgesamt führen die Ausrufungen der Nationalerbe-Bäume und die Aktivitäten über herkömmliche Medien (Print, Internet, Fernsehen und Rundfunk) sowie in den Social Media auch zu einem spürbaren Anstieg neuer und jüngerer Mitglieder in der Dt. Dendrologischen Gesellschaft.

Für die großartige Unterstützung dieser Aktivitäten 2022 möchten das Kuratorium und die DDG ihren großen und herzlichen Dank an die Eva Mayr-Stihl Stiftung aussprechen, sowie der Leiter des Kuratoriums (Unterzeichner) an die DDG und die Kuratoriumsmitglieder für ihr Engagement: Katharina Edlinger, Eike Jablonski, Marion Scheich und Uwe Thomsen – ein hervorragendes, weiterhin sehr engagiertes und hochmotiviertes Team.

Prof. Dr. Andreas Roloff, Leiter Kuratorium Nationalerbe-Bäume


Den Jahresbericht 2022 im .pdf-Format können Sie hier herunterladen.